Wilhelm August Lampadius
Wilhelm August Eberhard Lampadius (* 8. August 1772 in Hehlen, Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel; † 13. April 1842 in Freiberg, Königreich Sachsen) war ein deutscher Hüttentechniker, Chemiker und Agronom sowie Hochschullehrer.
Leben und Wirken
BearbeitenWilhelm Lampadius, ein Nachfahre des Staatsmannes Jakob Lampe (latinisiert Jakob Lampadius), verlor im Alter von fünf Jahren seinen Vater verlor und wuchs bei Verwandten auf. Er zeigte schon als Kind ein auffälliges Interesse für die Vorgänge in der Natur. Im Jahre 1785 ließ er sich in der Göttinger Ratsapotheke zum Apotheker ausbilden, ab 1789 studierte er an der dortigen Universität. Zu seinen Lehrern zählten Johann Friedrich Gmelin und Georg Christoph Lichtenberg.
Im Jahr 1791 begleitete Lampadius den Grafen Joachim von Sternberg auf eine Forschungsreise nach Russland. Anschließend bekam er eine Anstellung als Chemiker im Eisenwerk des Grafen in Radnitz (Böhmen). Lampadius kam 1793 an die Bergakademie Freiberg, wo er 1794 als Nachfolger von Christlieb Ehregott Gellert die Professur für Chemie und Hüttenkunde übernahm. Im Jahr 1796 entdeckte er den Schwefelkohlenstoff. Zur gleichen Zeit richtete er das erste chemisch-metallurgische Praktikumslabor an der Bergakademie ein und bot als einer der ersten Kurse in Analytischer Chemie an.
Ab 1799 arbeitete Lampadius an der Erzeugung von Leuchtgas (Pfarrhaus Boffzen). 1811 brachte er an seinem Freiberger Wohnhaus eine Gaslaterne an – die erste ihrer Art auf dem europäischen Kontinent. Heute befindet sich an dieser Stelle eine Gedenktafel sowie eine Kopie der Laterne. 1816 richtete Lampadius im Amalgamierwerk Halsbrücke eine Anlage zur Leuchtgaserzeugung ein, die bis 1895 in Betrieb war.
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Gedenktafel
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Nachbau der ersten Gaslaterne von Lampadius
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Hinweistafel an der Ecke Kirch-Gäßchen/Obermarkt in Freiberg
Lampadius war ein vielseitiger Wissenschaftler. Er befasste sich auch mit der Meteorologie, mit der Gewinnung von Rübenzucker und der Herstellung künstlicher Düngemittel. Auf einem kleinen Versuchsgut führte er jahrzehntelang Anbauversuche mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen durch. Als erster setzte er Teer für die Erzeugung von Dachpappe ein. Besonderen Wert legte er auf die Verbindung von Theorie und Praxis auf seinen Gebieten.
Der philosophisch an Kant orientierte Lampadius war liberal eingestellt und musisch interessiert; er gründete in Freiberg einen ästhetischen Verein und hatte zahlreiche berühmte Besucher wie Goethe und Alexander von Humboldt. Er war Mitglied der Freiberger Freimaurerloge „Zu den drey Bergen“. Lampadius starb 1842 in Freiberg und wurde auf dem Donatsfriedhof beigesetzt. Zu seinen Nachfahren gehörte Adelgunde Heisterbergk, die 1939 den Historiker Richard Dietrich[1] heiratete.
Veröffentlichungen (Auswahl)
Bearbeiten- Kurze Darstellung der vorzüglichsten Theorien des Feuers … Verlag Dieterich Göttingen 1793. (Digitalisat)
- Versuche und Beobachtungen über die Elektrizität und Wärme der Atmosphäre. Verlag Nicolai Stettin 1793. (Digitalisat)
- Sammlung praktisch-chemischer Abhandlungen und vermischter Bemerkungen, 3 Bde., Dresden und Göttingen 1795, 1797 u. 1800. (Digitalisate: Band 1, Band 2, Band 3)
- Erfahrungen über den Runkelrübenzucker … Verlag Craz Freiberg 1800.
- Handbuch zur chemischen Analyse der Mineralkörper. Verlag Craz Freiberg 1801. (Digitalisat)
- Handbuch der allgemeinen Hüttenkunde, in theoretischer und praktischer Hinsicht. 2 Bände in 5 Teilen, Verlag Dieterich Göttingen 1801–1810. 2. Aufl. 1817 u. 1818. – 2 Supplementbände 1818–1826.
- Systematischer Grundriß der Atmosphaerologie. Verlag Craz und Gerlach Freiberg 1806 (Digitalisat). – Nachtrag ebd. 1817.
- Grundriss der technischen Chemie … Verlag Craz und Gerlach Freiberg 1815. (Digitalisat)
- Grundriß der Elektrochemie. Verlag Craz und Gerlach Freiberg 1817. (Digitalisat)
- Beyträge zur Atmosphärologie. Craz & Gerlach, Freiberg 1817 (Digitalisat)
- Über den Schwefelalcohol. Craz & Gerlach, Freiberg 1826. (Digitalisat)
- Grundriss einer allgemeinen Hüttenkunde … Verlag Dieterich Göttingen 1827. (Digitalisat)
- Die Lehre von den mineralischen Düngemitteln … Verlag Barth Leipzig 1833. (Digitalisat)
- Die neuern Fortschritte im Gebiete der gesammten Hüttenkunde in Nachträgen zum Grundrisse der allgemeinen Hüttenkunde. Verlag Engelhardt Freiberg 1839. (Digitalisat)
Literatur
Bearbeiten- Günther Arnold: Berühmte Persönlichkeiten unserer Heimat – Wilhelm August Lampadius. In: Erzgebirgische Heimatblätter 5/1982, S. 111–112.
- Günther Beer: Wilhelm August E. Lampadius. In: Göttinger Chemische Gesellschaft Museum der Chemie e. V., S. 1–28, 2011 (PDF).
- Günther Beer: Wilhelm August Lampadius, Göttinger Apothekergeselle, Chemie- und Physikstudent und sein Mentor G.C. Lichtenberg. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 62 (2014), S. 113–126.
- Richard Dietrich: Lampadius, Wilhelm August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 456 f. (Digitalisat).
- Gerd Grabow: W. A. Lampadius, ein vielseitiger Wissenschaftler und Wegbereiter bei der Einführung der ersten Gasbeleuchtungsanlage auf dem europäischen Kontinent, in: Bergknappe 32(2008)2, S. 40–41 (Digitalisat des gesamten Heftes; PDF-Datei; 3,2 MB).
- Albert Ladenburg: Lampadius, Wilhelm August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 578 f.
- O. Nolte: Wilhelm August Lampadius, ein vergessener Agrikulturchemiker. In: Die Ernährung der Pflanze Jg. 22, 1926, S. 202–204, 206–207, 213–214 u. 216–217 (m. Bild).
- Jörg Richter: Lampadius und Freiberg: Freibergs Hüttenwesen im Zeitalter der industriellen Revolution (1800 bis 1870). – Freiberg: Bergakademie, 1972. (Veröffentlichungen des Wissenschaftlichen Informationszentrums der Bergakademie Freiberg; 54).
- Jörg Richter: Wilhelm August Lampadius – ein Lehrer und Forscher an der Bergakademie. In: Beiträge zur Geschichte der Produktivkräfte Bd. IX. Freiberg: Bergakademie, 1975, S. 15–27 (Freiberger Forschungshefte; D 90).
- Walter Schellhas: Die erste Gasbereitungsanstalt auf dem europäischen Festland – in Halsbrücke bei Freiberg. In: Sächsische Heimatblätter. Jg. 21, 1975, S. 160–164.
- Alfred Seifert: Wilhelm August Lampadius. Ein Vorgänger Liebigs. Ein Beitrag zur Geschichte des chemischen Hochschulunterrichts. Verlag Chemie Berlin 1933 (m. Bild u. Schriftenverzeichnis).
- Hans-Henning Walter (Hrsg.): Wilhelm August Lampadius. 1772–1842. Chemiker, Erfinder, Fachschriftsteller und Hüttenmann. Drei-Birken-Verlag, Freiberg 2013. ISBN 978-3-936980-29-5.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 224.
Personendaten | |
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NAME | Lampadius, Wilhelm August |
ALTERNATIVNAMEN | Lampadius, Wilhelm August Eberhard (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Hüttentechniker, Chemiker und Agronom |
GEBURTSDATUM | 8. August 1772 |
GEBURTSORT | Hehlen, Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, Weserbergland |
STERBEDATUM | 13. April 1842 |
STERBEORT | Freiberg, Königreich Sachsen |