Wolfgang Rauls
Wolfgang Heinrich Rauls (* 17. Juni 1948 in Rohrsheim, Landkreis Wernigerode; † 19. Juni 2023[1]) war ein deutscher Politiker (NDPD, FDP). Er war von Februar bis März 1990 letzter Vorsitzender der NDPD, von 1990 bis 1994 sachsen-anhaltischer Minister für Umwelt und Naturschutz, 1990–1994 und 2002–2006 Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt sowie von 2005 bis 2012 Bürgermeister der Stadt Gommern.
Karriere in der DDR und Wendezeit
BearbeitenRauls war Sohn eines Transportarbeiters. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Elektromonteur. Er trat 1968 der DDR-Blockpartei National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD) bei und wurde im Jahr darauf hauptamtlicher Parteiangestellter auf Stadtbezirks- und Kreisebene. Von 1974 bis 1979 absolvierte er ein Fernstudium an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in Potsdam, das er als Diplom-Staatswissenschaftler abschloss. Gleichzeitig war er Stadtbezirkssekretär in Magdeburg und Mitglied des Kreisvorstands der NDPD. Danach amtierte er bis 1987 als Stadtbezirksrat für Kultur in Magdeburg-Mitte. 1987/88 war er Sekretär des Bezirksvorstands Magdeburg, 1989/90 des Kreisverbands Magdeburg der NDPD.[2]
Während der Wende in der DDR war er im Januar bis Februar 1990 Präsident der Stadtverordnetenversammlung von Magdeburg. Am 11. Februar 1990 wurde er als Nachfolger Wolfgang Glaesers zum letzten Vorsitzenden der NDPD gewählt. Nachdem diese bei der ersten und letzten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 nur 0,4 Prozent der Stimmen bekommen hatte, fusionierte sie am 27. März 1990 mit der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD, ebenfalls eine ehemalige Blockpartei) zum Bund Freier Demokraten (BFD). Rauls wurde dessen stellvertretender Vorsitzender. Im August 1990 übernahm er für die letzten Wochen der DDR die Leitung des Ressorts Inneres der Bezirksverwaltungs-Behörde in Magdeburg. Der BFD vereinigte sich am 11. August 1990 mit der westdeutschen FDP, Rauls wurde in den Bundesvorstand gewählt.[2]
Umweltminister und Kampf um den Landesvorsitz
BearbeitenNach der deutschen Einheit und der Wiedergründung des Landes Sachsen-Anhalt wurde Rauls am 14. Oktober 1990 in den Landtag gewählt. In der anschließend gebildeten CDU-FDP-Regierung (Kabinett Gies) übernahm er das Amt des Ministers für Umwelt und Naturschutz. Dieses behielt er auch unter Gies’ Nachfolgern Münch und Bergner bis zum Ende der Legislaturperiode 1994. Nach dem Rücktritt von Europaminister Gerd Brunner wegen seiner früheren Stasi-Tätigkeit wurde Rauls im September 1991 zusätzlich Stellvertreter des Ministerpräsidenten. Da auch Rauls einer möglichen Stasi-Vergangenheit bezichtigt wurde, ließen die Staatskanzlei unter Ministerpräsident Werner Münch (CDU) und das Innenministerium nachrichtendienstliche Nachforschungen über Rauls Vergangenheit anstellen.[3] Diese sogenannte Ausspähaffäre war auch Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Auf einem außerordentlichen Parteitag im Januar 1994 – fünf Monate vor der Landtagswahl – versuchte Rauls, den Vorsitzenden der FDP Sachsen-Anhalt, Peter Kunert, abzulösen, was jedoch misslang. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung zwischen dem linksliberalen Landesvorsitzenden, der die Wahl von Ministerpräsident Christoph Bergner ablehnte und den Austritt aus der Koalition ankündigte, und der Landtagsfraktion, die Bergner trotz des Votums des Landesvorstandes zum neuen Ministerpräsidenten mitwählte. Peter Kunert lehnte, unterstützt von Hans-Dietrich Genscher, eine Koalitionsaussage zugunsten der CDU ab und erklärte die Möglichkeit eines Eintretens in eine sogenannte Ampelkoalition. Um dies zu verhindern, schickte der rechtsliberale Parteiflügel Rauls in den Kampf um den Landesvorsitz. Rauls scheiterte jedoch mit 120 zu 154 Stimmen.[4] Bei der Landtagswahl 1994 stürzte die FDP dramatisch ab, scheiterte an der 5-Prozent-Hürde und schied aus dem Landtag aus.
Von 1993 bis 1997 war Rauls Mitglied des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung.
Erneut Abgeordneter, Bürgermeister von Gommern
BearbeitenNach der Landtagswahl 2002 zog Rauls erneut in den Landtag Sachsen-Anhalts ein und widmete sich dort vor allem der Sozial- und Sportpolitik.
Am 9. Oktober 2005 wurde er zum Bürgermeister der Stadt Gommern gewählt[5] und schied zum 1. Januar 2006 aus dem Landtag aus. Nachrücker im Landtag wurde Uwe Droese. 2012 wurde Jens Hünerbein (parteilos) zu seinem Nachfolger als Bürgermeister von Gommern gewählt.
Auszeichnungen
BearbeitenWolfgang Rauls wurde 2016 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.[6]
Literatur
Bearbeiten- Helmut Müller-Enbergs: Rauls, Wolfgang. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Genschers letzter Kampf. In: Berliner Zeitung, 8. April 1998.
- Liberale streben parteiinterne Flurbereinigung an. In: Berliner Zeitung, 28. Januar 1994; Parteitag bestätigt Kunert als Landesvorsitzenden.
- Wolfgang Rauls. (PDF; 453 kB) In: Christoph Wunnicke: Die Blockparteien der DDR. Kontinuitäten und Transformation 1945–1990 (= Schriftenreihe des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR). Berlin 2014, S. 132 f.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Protokoll der Landtagssitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt vom 28. Juni 2023
- ↑ a b Helmut Müller-Enbergs: Rauls, Wolfgang. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- ↑ Sachsen-Anhalt: Zu keinem Zeitpunkt. In: Der Spiegel. Nr. 38, 1993 (online).
- ↑ Roger Stöcker: Das Parteiensystem Sachsen-Anhalts : Eine Analyse der Ursachen seiner Entwicklung hin zur Stabilisierung. [Wiesbaden], ISBN 978-3-658-14018-2.
- ↑ Druckver. Abgerufen am 1. Juli 2019.
- ↑ Pressemitteilung vom 27. September 2016, abgerufen am 5. Juni 2022.
Personendaten | |
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NAME | Rauls, Wolfgang |
ALTERNATIVNAMEN | Rauls, Wolfgang Heinrich (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (NDPD, FDP), MdL |
GEBURTSDATUM | 17. Juni 1948 |
GEBURTSORT | Rohrsheim |
STERBEDATUM | 19. Juni 2023 |