Ideal (Ringtheorie)

additive Untergruppe eines Ringes, die unter Multiplikation mit beliebigen Ringelementen abgeschlossen ist
(Weitergeleitet von Zweiseitiges Ideal)

In der abstrakten Algebra ist ein Ideal eine Teilmenge eines Rings, die das Nullelement enthält und abgeschlossen gegenüber Addition und Subtraktion von Elementen des Ideals sowie abgeschlossen gegenüber Multiplikation mit beliebigen Ringelementen ist. Beispielsweise sind Summe und Differenz zweier gerader Zahlen wieder gerade und zudem ist das Produkt einer geraden Zahl mit einer beliebigen ganzen Zahl ebenfalls gerade. Zudem ist die 0 als additiv Neutrales gerade. Das heißt, die Menge der geraden Zahlen ist ein Ideal im Ring der ganzen Zahlen.

Die Bezeichnung „Ideal“ ist abgeleitet aus dem Begriff „ideale Zahl“: Ideale können als Verallgemeinerung von Zahlen angesehen werden.

Das Konzept der Ideale hat seinen Ursprung in der algebraischen Zahlentheorie des 19. Jahrhunderts bei Ernst Eduard Kummer und wurde weiterentwickelt von Richard Dedekind und Leopold Kronecker. Bei David Hilbert war ein Ideal ein System von unendlich vielen ganzen algebraischen Zahlen eines Rationalitätsbereiches (algebraischer Zahlkörper), mit der Eigenschaft, dass auch sämtliche Linearkombinationen dieser (mit ganzen algebraischen Zahlen als Koeffizienten) darin enthalten sind. Diese Definition entspricht dem heutigen Begriff des gebrochenen Ideals.

In der Literatur findet man häufig die Begriffe Linksideal, Rechtsideal und zweiseitiges Ideal. Siehe dazu unten bei den Definitionen.

„Ideale Zahlen“

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Der Ursprung der Ideale liegt in der Feststellung, dass in Ringen wie   die Eindeutigkeit der Zerlegung in irreduzible Elemente nicht gilt: So ist

 

und die beiden Faktoren jeder Zerlegung sind irreduzibel. Ernst Eduard Kummer stellte fest, dass man die Eindeutigkeit manchmal wiederherstellen kann, indem man weitere, ideale Zahlen hinzunimmt. Im Beispiel erhält man durch Hinzunahme der Zahl   die Faktorisierungen

 

(dass die Brüche auf der rechten Seite ganz sind, kann man an ihren Normen sehen) sowie

 

und die Eindeutigkeit ist wieder hergestellt.[1] Aus heutiger Sicht entspricht die Einführung der idealen Zahl   dem Übergang zum (Ganzheitsring des) hilbertschen Klassenkörpers, in dem alle Ideale (des Ganzheitsringes) eines algebraischen Zahlkörpers zu Hauptidealen werden.

Richard Dedekind erkannte, dass man diese idealen Zahlen vermeiden kann, indem man statt ihrer die Gesamtheit aller durch sie teilbaren Zahlen betrachtet. So haben die Zahlen   und   im Beispiel den gemeinsamen idealen Primfaktor  , und die in   liegenden Vielfachen dieser Zahl sind gerade das Primideal

 

Ist ein „realer“ gemeinsamer Faktor vorhanden, so besteht das Ideal gerade aus seinen Vielfachen, ist also ein Hauptideal.[2] In Ganzheitsringen von Zahlkörpern (und allgemeiner in der aufgrund dieser Tatsache nach ihm benannten Klasse der Dedekindringe) erhält man auf diese Weise eine eindeutige Zerlegung jedes Ideals (ungleich null) in Primideale (Fundamentalsatz der Idealtheorie).[3]

Definition

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Um auch für nichtkommutative Ringe geeignete Begriffe zu haben, unterscheidet man zwischen Links-, Rechtsidealen und zweiseitigen Idealen:

Es sei   eine Teilmenge eines Ringes  .   heißt dann Linksideal, wenn gilt:

1:   ist eine Untergruppe von  
2L: Für jedes   und   ist  .

Entsprechend ist   ein Rechtsideal, wenn Bedingung 1 und

2R: Für jedes   und   ist  

erfüllt sind.

  nennt man schließlich zweiseitiges Ideal oder nur kurz Ideal, falls   Links- und Rechtsideal ist, also 1, 2L und 2R erfüllt.

Bemerkungen

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  • Ist der Ring kommutativ, dann fallen alle drei Begriffe zusammen, in einem nichtkommutativen Ring können sie sich aber unterscheiden.
  • Als Untergruppe von   enthält   insbesondere die  .
  • Bedingung 1 ist äquivalent zu der Forderung, dass   nichtleer und mit   auch   ist. (Untergruppenkriterium)
  • Jedes Ideal   in   bildet auch einen Unterring   von  , im Allgemeinen aber ohne Eins,  . Ist   ein Ring mit Eins, so ist   genau dann ein Unterring mit Eins, wenn  .
  • Ein Links- ebenso wie ein Rechtsideal   in   ist nichts anderes als ein  -Untermodul   von  ,   aufgefasst als  -Links- bzw.  -Rechtsmodul  .

Beispiele

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  • Die Menge   der geraden ganzen Zahlen ist ein Ideal im Ring   aller ganzen Zahlen.   ist prinzipiell ein Unterring von  , in der Kategorie der Ringe mit Eins wird   jedoch (da ohne Einselement) nicht als Unterring bezeichnet.
  • Die Menge   der ungeraden ganzen Zahlen ist kein Ideal in  ; sie erfüllt keine der drei Bedingungen.
  • Die Menge aller Polynome mit reellen Koeffizienten, die durch   teilbar sind, bilden ein Ideal im Polynomring  . Der Körper   ist isomorph zu den komplexen Zahlen und   ist sogar Maximalideal.
  • Der Ring   aller stetigen Funktionen von   nach   enthält das Ideal der Funktionen   mit  . Ein anderes Ideal in   sind die stetigen Funktionen mit kompaktem Träger, d. h. alle Funktionen, die für hinreichend große und hinreichend kleine Argumente gleich 0 sind.
  • Der nichtkommutative Ring der Hurwitzquaternionen enthält sowohl Links- und Rechtsideale als auch zweiseitige Ideale. Alle sind sie jedoch Hauptideale.
  • Die Mengen   und   sind stets Ideale eines Rings  . Hierbei wird   Nullideal und, falls R eine Eins   besitzt,   Einsideal genannt.[4] Wenn   und   seine einzigen zweiseitigen Ideale sind, nennt man   einfach. Ein kommutativer einfacher Ring mit Eins, der nicht der Nullring ist, ist ein Körper.

Erzeugung von Idealen

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Alle Links-, alle Rechtsideale und alle zweiseitigen Ideale bilden jeweils ein Hüllensystem. Die zugehörigen Idealoperatoren werden mit   selten auch mit   bezeichnet.

Ist   eine Teilmenge des Ringes   dann nennt man

 

das von   erzeugte Ideal, es ist das kleinste (Links-, Rechts- bzw. zweiseitige) Ideal in   das   enthält.

Besitzt   ein Einselement   so ist

 

und wenn   zusätzlich noch kommutativ ist, gilt sogar:

 

Das von einem Element   erzeugte Hauptideal ist

 

Verknüpfungen von Idealen

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Konstruktionen

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Ist   ein kommutativer Ring mit Eins und   ein Ideal, dann ist auch das Radikal   von  , das als   definiert ist, ein Ideal.

Ist   ein Ring, so gilt für zwei Ideale  :

 
 
Wichtig: Summen und Vereinigungen von Idealen sind im Allgemeinen unterschiedliche Konstrukte!
  • Auch das sogenannte Komplexprodukt   das aus der Menge der Produkte von Elementen aus   mit Elementen aus   besteht, ist im Allgemeinen kein Ideal. Als Produkt von   und   wird daher das Ideal definiert, das von   erzeugt wird:
 
Besteht keine Verwechselungsgefahr mit dem Komplexprodukt, dann schreibt man auch das Idealprodukt   oder kurz  
  • Der Quotient von   und   ist ein Ideal, das alle   enthält, für die das Komplexprodukt   eine Teilmenge von   ist:
 

Bemerkungen

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  • Das Produkt zweier Ideale ist stets in ihrem Schnitt enthalten:   Sind   und   teilerfremd, also  , so gilt sogar Gleichheit.
  • Der Idealquotient wird in der Literatur auch häufig in Klammern geschrieben:  
  • Mit den Verknüpfungen Summe und Durchschnitt bildet die Menge aller Ideale eines Ringes einen modularen, algebraischen Verband.
  • Einige wichtige Eigenschaften dieser Verknüpfungen werden in den Noetherschen Isomorphiesätzen zusammengefasst.

Besondere Ideale

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Ein Ideal   heißt echt, wenn es nicht ganz   ist. Dies ist bei Ringen mit   genau dann der Fall, wenn   nicht in   liegt.

Ein echtes Ideal   heißt maximal, wenn es kein größeres echtes Ideal gibt, d. h., wenn für jedes Ideal   gilt:

 

Mit Hilfe des Zornschen Lemmas kann gezeigt werden, dass jedes echte Ideal eines Rings mit   in einem maximalen Ideal enthalten ist. Insbesondere besitzt jeder Ring mit   (außer dem Nullring) ein maximales Ideal.

Ein echtes Ideal   heißt prim, wenn für alle Ideale   gilt:

  oder  

In einem Ring mit   ist jedes maximale Ideal prim.

Faktorringe und Kerne

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Ideale sind wichtig, weil sie als Kerne von Ringhomomorphismen auftreten und die Definition von Faktorringen ermöglichen.

Ein Ringhomomorphismus   vom Ring   in den Ring   ist eine Abbildung   mit

  für alle  

Der Kern von   ist definiert als

 

Der Kern ist stets ein zweiseitiges Ideal von  

Startet man umgekehrt mit einem zweiseitigen Ideal   von   dann kann man den Faktorring   (sprich: „  modulo  “; nicht zu verwechseln mit einem faktoriellen Ring) definieren, dessen Elemente die Form

 

für ein   aus   haben. Die Abbildung

 

ist ein surjektiver Ringhomomorphismus, dessen Kern genau das Ideal   ist. Damit sind die Ideale eines Rings   genau die Kerne von Ringhomomorphismen von  

Ist der Ring   kommutativ und   ein Primideal, dann ist   ein Integritätsring, ist   ein maximales Ideal, dann ist   sogar ein Körper.

Die extremen Beispiele von Faktorringen eines Ringes   entstehen durch Herausteilen der Ideale   oder   Der Faktorring   ist isomorph zu   und   ist der triviale Ring  

Norm eines Ideals

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Für Ganzheitsringe   eines Zahlkörpers   lässt sich eine Norm eines (ganzen) Ideals   definieren durch   (und für das Nullideal  ). Diese Norm ist immer eine endliche Zahl und steht in Zusammenhang mit der Norm der Körpererweiterung   für Hauptideale   gilt nämlich   Zudem ist diese Norm multiplikativ, d. h.  . Allgemeiner werden diese Normen auch für Ideale in Ordnungen in Zahlkörpern betrachtet.

Literatur

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  • Felix Klein: Vorlesungen über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert. Teil 1. Springer, Berlin 1926 (Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen. 24, ISSN 0072-7830).
  • Ernst Eduard Kummer: Über die Zerlegung der aus Wurzeln der Einheit gebildeten complexen Zahlen in ihre Primfactoren. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik. 35, 1847, S. 327–367.
  • David Hilbert: Zahlbericht "Die Theorie der algebraischen Zahlkörper, Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung", Bd. 4 S. 175–546 1897 online

Einzelnachweise

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  1. Felix Klein: Vorlesungen über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert. Teil 1. Springer, Berlin 1926 (Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen. 24, ISSN 0072-7830), Kapitel VII, Abschnitt Theorie der algebraischen ganzen Zahlen … S. 321 f.
  2. Felix Klein: Vorlesungen über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert. Teil 1. Springer, Berlin 1926 (Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen. 24, ISSN 0072-7830), S. 323.
  3. J. Neukirch: Algebraische Zahlentheorie. Springer-Verlag, Berlin 1992. ISBN 3-540-54273-6; Theorem I.3.3.
  4. Vorlesung Algebra I. (PDF; 493 kB) Abgerufen am 24. August 2013.