Eisenbahn Wien-Aspang

ehemaliges Eisenbahnunternehmen in Österreich

Die k.k. privilegierte Eisenbahn Wien-Aspang (abgekürzt EWA) war ein privates Eisenbahnunternehmen in Österreich und betrieb die namengebende Aspangbahn sowie die Schneebergbahn.

Aktie von 1886
Wappen
Der Wiener Aspangbahnhof (1905)
Der Bahnhof Aspang (um 1910)
Streckennetz (1882)
Schneebergbahn (um 1900)

Es wurde nach der österreichischen Hauptstadt – wo sich auch der Firmensitz befand – und der Marktgemeinde Aspang im südlichen Niederösterreich benannt. Die als Aktiengesellschaft konstituierte Privatbahn gehörte mehrheitlich der belgischen Société Belge de chemins de fer und existierte von 1880 bis 1941.

Geschichte

Bearbeiten

Für ihre Aktivitäten in Österreich besaß die Société belge de chemins de fer die Erste österreichische Schifffahrts-Canal-Actiengesellschaft, ein 1869 gegründetes Tochterunternehmen, das den Wiener Neustädter Kanal betrieb. Der Plan einer Magistrale Wien–Saloniki, für die am 27. Juni 1874 die Bewilligung zu Vorarbeiten bis zur kroatischen Grenze erteilt wurde, wurde mit den weitreichenden Folgen des Börsenkrachs 1873 und der Weigerung Ungarns, die Strecke über ungarisches Gebiet zu führen, obsolet. So beschränkte man sich auf die Planungen einer Bahn bis Aspang am Fuße des Wechsels, die bis Wiener Neustadt weitgehend im Bett des Kanals gebaut werden sollte. Einzig Grenzsteine mit den Initialen WSB erinnern an die gescheiterte Wien-Saloniki-Bahn.

Die Kanal-Aktiengesellschaft wurde daher von den belgischen Eigentümern mit 23. August 1878 in die Austro-Belgische-Eisenbahngesellschaft umgewandelt, die wiederum am 17. Jänner 1880 die Aktiengesellschaft k.k. privilegierte Eisenbahn Wien-Aspang gründete und dieser alle Konzessionen für den Bahnbau und -betrieb nebst dem Gelände des ehemaligen Wiener Kanalhafens am Rennweg und der Kanalstrecke bis Kledering übertrug. Das Gründungskapital betrug 8.650.000 Gulden.

Schließlich begann man am 7. August 1881 mit dem regulären Eisenbahnbetrieb, am Tag zuvor erfolgte die feierliche Eröffnung der Strecke. Das Personal kam zu Anfangs von der Staatseisenbahn-Gesellschaft und auch der Fahrplan wurde nach österreichischen Gepflogenheiten gestaltet. Neben ihren eigenen Strecken führte das Unternehmen ab 1. Jänner 1899 außerdem den Betrieb im Auftrag der Schneebergbahn-Aktiengesellschaft (SchBB) durch, die über die gemeinsame Muttergesellschaft mit der EWA verbunden war. Diese Betriebsübernahme bedeutete jedoch einen hohen finanziellen Aufwand für das Unternehmen. Um direkte Züge führen zu können, wurde die Verbindungsstrecke Sollenau–Feuerwerksanstalt errichtet. Über diese erreichten Schnellzüge der EWA in 2 Stunden und 20 Minuten Puchberg am Schneeberg. Die Gesellschaft unterhielt auch gute Beziehungen zu den in ihrem Einflussbereich gelegenen Militärschleppbahnen auf dem Steinfeld, deren Kesselwagen bei der EWA eingestellt waren. Zeitweise liefen auch Leihlokomotiven der EWA auf den Militärschleppbahnen.

Im Verwaltungsrat der EWA saß ab der Gründung auch Victor Stoclet, Direktor der Société Belge des chemins de fer. Sein Mandat ging nach seinem Tod (1904) auf seinen Sohn Adolphe Stoclet über, Mäzen und Erbauer des Palais Stoclet in Brüssel. Die belgischen Mitglieder schieden kriegsbedingt 1914 aus dem Gremium aus, bis 1918 saßen hier stattdessen Österreicher wie beispielsweise Heinrich Goldemund und Karl Tobisch. Präsident des Verwaltungsrates war von 1919 bis zu seinem Tod war der Eisenbahnfachmann Viktor von Röll.

Nach dem Ersten Weltkrieg geriet auch die Eisenbahn Wien-Aspang ab 1919 infolge enormer Steigerung der Betriebskosten und der nicht konkurrenzfähigen Streckenführung ihrer Linien in finanzielle Schwierigkeiten. Da die EWA die kürzeste Strecke zwischen Wien und Ödenburg bot, wurden ab 1. Mai 1896 viermal täglich Kurswagen nach Sopron den Zügen der EWA beigegeben. Ab 1920 wurden gemeinsam mit der GySEV Personen- und Schnellzüge von Wien Nordbahnhof nach Güns und über den Wechsel nach Oberwart geführt. In Sollenau-Aspangbahn erfolgte dabei der Lokwechsel, die Lokomotiven der GySEV besorgten die Zugförderung auf der den k.k. Staatsbahnen gehörenden Strecke Sollenau–Ebenfurth. Damit konnte, was der Staatsverwaltung nicht unrecht war, ein Transportmonopol der Südbahngesellschaft von Wien in Richtung Süden verhindert werden.

Um den Verkehr weiter anzuheben, führte die Gesellschaft von 1922 bis 1937 bei ihren Schnellzügen einen von der CIWL betriebenen Speisewagen. 1923 betrug das Aktienkapital des Unternehmens 9,3 Millionen Kronen, das Prioritätenkapital 8,0 Millionen Kronen, davon 2,225 Millionen Kronen bereits getilgt. Erst 1925 konnte die EWA wieder ausgeglichen bilanzieren.

Die Übernahme der Südbahngesellschaft durch die BBÖ im Jahre 1924 sorgte für einen spürbaren Fahrgastschwund auf den Linien der EWA, da die BBÖ nun den Verkehr in das Burgenland und nach Ungarn selbst führten. Dies führte in der Folge zu einem stetigen Betriebsrückgang, den auch der Versuch einer Etablierung als „Ausflugsbahn“ der Wiener nicht wirklich aufhalten konnte. So dauerte es bis 1930, bis wieder das Verkehrsniveau der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg erreicht werden konnte. Die Kapitaldecke der EWA blieb auch in den 1930er Jahren so dünn, dass nur sehr wenige bzw. falsche Investitionen zu Verkehrsanhebung und Modernisierung getätigt wurden. So erwies sich der bei der Lokomotivfabrik Floridsdorf bestellte Dampftriebwagen EWA DT 101 bei Fahrgästen und Personal als unbeliebt und blieb auch leistungsmäßig hinter den Erwartungen zurück.

Bedingt durch die dramatische Verschlechterung der Finanzgebarung wurde in der ersten Jahreshälfte 1937 ein Übernahmeangebot an die Österreichischen Bundesbahnen (BBÖ) gestellt, wobei die belgischen Hauptaktionäre durch zahlreiche Beschönigungen den wahren Sachverhalt zu verschleiern versuchten. Prüfungen ergaben, dass die EWA nicht einmal mehr verkaufswürdig war. Dadurch bedingt und durch die Insolvenz der Muttergesellschaft Société Belge des chemins de fer am 26. Juni 1937 mussten BBÖ zum 1. Juli gleichen Jahres den Betrieb der EWA übernehmen. Die Bahngesellschaft ging de facto entschädigungslos an den Staat, der dafür Teile der hohen Verschuldung übernahm. Durch Verhandlungen des letzten Direktors, Max Köchl, war es gelungen, dem Personal der EWA die erworbenen Rechte vollends zu erhalten. Die Strecken der Aspangbahn wurden durch die Übernahme zu reinen Nebenbahnen.

Zum 1. Jänner 1942 wurde das Unternehmen schließlich durch die nationalsozialistischen Machthaber aufgelöst und in die Staatsbahn, damals die Deutsche Reichsbahn (DR), entgeltlos integriert.

Streckennetz

Bearbeiten

Folgende Strecken befanden sich im Besitz bzw. Betrieb der EWA:

Strecke Länge
Wien Aspangbahnhof–Felixdorf 42,52 Kilometer
Wiener Neustadt–Aspang 33,93 Kilometer
Verbindungsgleis Wien Aspangbahnhof–Wiener Verbindungsbahn 00,27 Kilometer
Verbindungsgleis zur Donauländebahn 00,77 Kilometer
Wien Zentralfriedhof–Klein Schwechat 03,87 Kilometer
Wiener Neustadt Schneebergbahnhof–Puchberg am Schneeberg, im Auftrag der SchBB 28,01 Kilometer
Puchberg am Schneeberg–Hochschneeberg, im Auftrag der SchBB 09,81 Kilometer
Bad Fischau–Wöllersdorf, im Auftrag der SchBB 05,00 Kilometer
Verbindungsgleis Bad Fischau, im Auftrag der SchBB 00,23 Kilometer
Sollenau–Feuerwerksanstalt, im Auftrag der SchBB 08,62 Kilometer
 
Lokomotiven der EWA

Auf der 9,53 Kilometer langen Verbindung zwischen Felixdorf und Wiener Neustadt nutzte das Unternehmen ferner die bereits zuvor vorhandene Infrastruktur der Südbahn-Gesellschaft im Péage-Betrieb, das heißt, man fuhr auf der Österreichischen Südbahn.

Fahrbetriebsmittel

Bearbeiten
 
SchBB IVd 92 (später ÖBB 92.2220)

Im Laufe der Jahre beschafften EWA und SchBB folgende Triebfahrzeuge:

Eigentümer Serie Nummer Bauart Baujahr Hersteller Fabriknummer Nummer BBÖ Nummer DR Nummer ÖBB Ausschiedsdatum und Anmerkungen
EWA IIIb 1 C1 n2t 1879 Wiener Neustadt 2411 § 90 7001 1960
EWA IIIb 2 C1 n2t 1879 Wiener Neustadt 2412 § 90 7002 Verbleib unbekannt
EWA IIIb 3 C1 n2t 1879 Wiener Neustadt 2413 § 90 7003 Verbleib unbekannt
EWA IIIb 4 C1 n2t 1879 Wiener Neustadt 2414 § 90 7004 1939
EWA IIIb 5 C1 n2t 1879 Wiener Neustadt 2415 § 90 7005 Verbleib unbekannt
EWA IIIb 6 C1 n2t 1879 Wiener Neustadt 2416 § 90 7006 25. November 1952
EWA IIIc 7 C n2 1879 Wiener Neustadt 2417 § 53 7301 28. Dezember 1949
EWA IIIc 8 C n2 1879 Wiener Neustadt 2418 § 53 7302 1. Juli 1949
EWA IIIc 9 C n2 1879 Wiener Neustadt 2419 § 53 7303 1949
EWA IIIc 10 C n2 1879 Wiener Neustadt 2420 § 53 7304 31. Mai 1941
SchBB IIId 11 C n2t 1896 Wiener Neustadt 3944 1936
SchBB IIId 12 C n2t 1896 Wiener Neustadt 3945 1936
EWA IIb 15 1B n2 1885 StEG 1828 1922
EWA IIb 16 1B n2 1885 StEG 1829 § 52 7001 → 53 7801 31. Oktober 1955
EWA IIb 17 1B n2 1885 StEG 1830 § 52 7002 → 53 7802 1949
EWA IIc 21 B n2t 1882 Krauss München 1186 1921 abgestellt;

1937 Felten & Guilleaume als Werkslok „Ilse“; 14. September 1967 Technisches Museum Wien;

18. August 2006 Denkmal am Karlsplatz beim Wien Museum, 2007 bis 2009 beim Technischen Museum in der Winckelmannstraße, am 19. Dezember 2009 ins Eisenbahnmuseum Schwechat überstellt.

EWA IIc 22 B n2t 1882 Krauss München 1187 24. Dezember 1921 Lederfabrik Flesch, Wels;

11. März 1952 Grazer Fabrik, Verbleib unbekannt

SchBB IId 25 B n2t 1896 Wiener Neustadt 3907 § 88 7201 November 1948 CCCP; PKP TKb100-17
SchBB IId 26 B n2t 1896 Wiener Neustadt 3908 § 88 7202 188.01 15. Jänner 1960
SchBB IId 27 B n2t 1896 Wiener Neustadt 3909 § 88 7203 1939
EWA IIa 30 2B n2 1895 Wiener Neustadt 3798 1935
EWA IIa 31 2B n2 1895 Wiener Neustadt 3799 § 36 7001 1. August 1952
EWA IIa 32 2B n2 1898 Wiener Neustadt 4068 § 36 7002 3. März 1952
EWA IIa 33 2B n2 1898 Wiener Neustadt 4275 1936
EWA IIa 34 2B n2 1898 Wiener Neustadt 4276 1936
EWA IIIa 41 1C1 n2vt 1909 Wiener Neustadt 4955 229.801 75 781 75.781 5. April 1955
EWA IIIa 42 1C1 n2vt 1909 Wiener Neustadt 4956 229.802 75 782 75.782 20. August 1958
EWA IIIa 43 1C1 n2vt 1911 Wiener Neustadt 5072 229.803 75 783 75.783 5. November 1959
EWA IIIa 44 1C1 n2vt 1911 Wiener Neustadt 5073 229.804 75 784 75.784 18. Dezember 1958
EWA IIIa 45 1C1 n2vt 1912 Wiener Neustadt 5118 229.805 75 785 75.785 5. November 1959
EWA IIIa 46 1C1 n2vt 1914 Wiener Neustadt 5217 229.806 75 786 75.786 15. Jänner 1960
EWA IIIa 47 1C1 n2vt 1917 Wiener Neustadt 5461 229.807 75 787 75.787 26. August 1957
EWA IIIa 48 1C1 n2vt 1917 Wiener Neustadt 5462 229.808 75 788 9. Dezember 1947 JDŽ 116-026
EWA IIIa 49 1C1 n2vt 1920 Wiener Neustadt 5611 229.809 75 789 75.789 9. Dezember 1947 JDŽ 116-034; Verkauf an Industriebetrieb
EWA IIIa 50 1C1 n2vt 1920 Wiener Neustadt 5612 229.810 75 790 75.790 5. November 1959
SchBB IVd 71 D n2vt 1898 Krauss Linz 3866 178.801 92 2219 1941 MAV/L; 1945 CSD 422.0501; 1948 CSD 422.0110; 5. September 1961 †
SchBB IVd 72 D n2vt 1898 Krauss Linz 3867 178.802 92 2220 92.2220 5. Dezember 1966; Denkmal in Puchberg am Schneeberg
SchBB IVd 73 D n2vt 1900 Wiener Neustadt 4273 178.803 92 2221 22. April 1945 MÁV; CCCP-WL; Verbleib unbekannt
SchBB IVd 74 D n2vt 1900 Wiener Neustadt 7274 178.804 92 2222 92.2222 17. September 1968
SchBB IVd 75 D n2vt 1909 Wiener Neustadt 4954 178.805 92 2223 92.2223 20. November 1968
SchBB IVd 76 D n2vt 1914 Wiener Neustadt 5218 178.806 92 2224 1945 JDŽ 52-008
SchBB IVd 77 D n2vt 1917 Wiener Neustadt 5463 178.807 92 2239 1941 MÁV/L; 1945 MÁV; 1950 ÖBB; 10. August 1952
EWA IVd 78 D n2vt 1919 Krauss Linz 7324 178.808 92 2292 1945 MÁV; MPS Tb-2292
EWA IVd 79 D n2vt 1919 Krauss Linz 7325 178.809 92 2293 1945 ÖBB/T; 10. August 1952
EWA IVd 80 D n2vt 1920 Wiener Neustadt 5610 178.810 92 2294 1941 MÁV/L; 1945 MÁV; MPS Tb-2294
SchBB Z1 2zz1 n2t 1896 Krauss Linz 3400 Zz1 99 7301 999.01 1997 NÖSBB 999.01
SchBB Z2 2zz1 n2t 1897 Krauss Linz 3401 Zz2 99 7302 999.02 1997 NÖSBB 999.02
SchBB Z3 2zz1 n2t 1897 Krauss Linz 3402 Zz3 99 7303 999.03 1997 NÖSBB 999.03
SchBB Z4 2zz1 n2t 1897 Krauss Linz 3750 Zz4 99 7304 999.04 1997 NÖSBB 999.04
SchBB Z5 2zz1 n2t 1900 Krauss Linz 4215 Zz5 99 7305 999.05 1997 NÖSBB 999.05
EWA DT 101 B2 h3t 1935 Floridsdorf 3085 DT 2.01 C4idt 17 3041.01 1956 Umbau in Küchenwagen 990137; 1979 ausgemustert

Anmerkung: Das „§“ in der Spalte BBÖ bedeutet, dass diese Maschinen bei der Betriebsübernahme durch die Österreichischen Bundesbahnen keine neuen Nummern bekamen, sondern erst von der Deutschen Reichsbahn neu nummeriert wurden. Die Umnummerierung der Reihe 52 70 in 53 78 wurde durch die Indienststellung der Kriegslokomotiven der Reihe 52 notwendig.

Museumsstücke

Bearbeiten

Die Lok IIc Nr. 21 „Ilse“ sowie der in den Ursprungszustand restaurierte Personenwagen Ci 123 (Simmering 1882) befinden sich in der Sammlung des Eisenbahnmuseums Schwechat. Die ehemalige Lok IVd Nr. 72 „Klaus“ (später ÖBB 92 2220) steht als Denkmal in Puchberg am Schneeberg.

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten