Liste der Stolpersteine in Bosnien und Herzegowina

Wikimedia-Liste
Dies ist die gesichtete Version, die am 31. Oktober 2024 markiert wurde. Es existiert 1 ausstehende Änderung, die noch gesichtet werden muss.

Die Liste der Stolpersteine in Bosnien und Herzegowina enthält die Stolpersteine, die In Bosnien und Herzegowina verlegt wurden. Stolpersteine sind ein Projekt des Künstler Gunter Demnig. Sie erinnern an das Schicksal der Menschen, die von den Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Stolpersteine liegen im Regelfall vor dem letzten selbstgewählten Wohnsitz des Opfers.

Der erste Stolperstein in Bosnien und Herzegowina wurde am 29. April 2024 in Sarajevo, der Hauptstadt des Staates, verlegt.

Zur Lage der Juden in Bosnien und Herzegowina

Bearbeiten

Die Rolle der Juden in Bosnien und Herzegowina muss im Kontext von Gesamt-Jugoslawien gesehen werden, denn Teil dieses Staates war Bosnien und Herzegowina von 1918 bis 1941 und von 1945 bis 1991. Die Volkszählung von 1931 ergab im gesamten Staatsgebiet Jugoslawiens eine Zahl von 71.000 Juden. Bis 1941 stieg die Zahl auf 80.000, darin enthalten rund 4.000 Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und anderen Ländern unter Kontrolle des NS-Regimes. 60 Prozent der Juden Jugoslawiens stammten von Aschkenasim ab, 40 Prozent von Sephardim. Zu den Ballungszentren jüdischen Lebens zählte – neben Belgrad und Zagreb – auch Sarajevo mit rund 10.000 Personen.[1]

Im Rahmen der ersten Zerschlagung Jugoslawiens im Jahre 1941 wurde Bosnien und Herzegowina dem Vasallenstaat Hitlers, Kroatien, zugeschlagen. Dort wurde ein Völkermord an sogenannt fremdländischen Elementen durchgeführt – an Hunderttausenden Serben, an Juden und Zigeunern. Unmittelbar nach Staatsgründung wurden die Nürnberger Gesetze in Kraft gesetzt, die Juden wurden isoliert und schikaniert, sie mussten den Judenstern tragen. Bereits im August 1941 wurden 5.000 kroatische Juden nach Auschwitz deportiert, Ende 1941 waren zwei Drittel aller Juden im Gebiet des Unabhängigen Staates Kroatien festgenommen.

Verfolgung und Ermordung von Juden durch die Ustaša
Szenen aus Sarajevo, dem KZ Jasenovac und am Fluss Save

Im Mai 1943 wurden erneut 2.000 Juden in den Osten verschleppt. Die meisten Juden Kroatiens waren im Konzentrationslager Jasenovac interniert und wurden dort von der Ustaša ermordet. Retten konnte sich nur, wer rechtzeitig in die italienische Besatzungszone flüchten konnte.[2] Die Tagebücher des 11-jährigen Đura Rajs zeichnen ein plastisches Bild der Verzweiflung und der Ängste jüdischer Familien in Jugoslawien.[3]

Verlegte Stolpersteine

Bearbeiten

In Mostar wurden zwei Stolpersteine an unterschiedlichen Adressen verlegt.

Stolperstein Übersetzung Verlegeort Name, Leben
HIER WOHNTE/LEBTE
Španski trg 1
Mostar
Berta Bhergman, geborene Bergmann, wurde am 10. Mai 1894 in der Nähe von Sarajevo geboren. Sie war die älteste Tochter des Eisenbahners Josip Bergmann und dessen Ehefrau Ernestina. Sie entstammte einer Familie von Aschkenasim, die sich sehr um die Ausbildung ihrer Töchter bemühte. Berta und ihre Schwester Marija waren die ersten weiblichen Abiturienten in Bosnien und Herzegowina. Die Schwestern wurden zum Hochschulstudium nach Wien geschickt, wo Berta im Jahre 1918 nach ihrem Medizinstudium promoviert wurde. Sie kehrte nach Bosnien zurück und arbeitete als Kinderärztin an verschiedenen Orten, darunter auch Banja Luka. Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde ihr die Leitung der "School Polyclinic" in Mostar übertragen. Nach der Machtergreifung der Ustaschi schloss sie sich der Widerstandsbewegung an und unterstützte diese mit Rat und Tat. Sie behandelte Verwundete, bildete Krankenschwestern aus und stellte Verbandsmaterial bereit. Ihre Wohnung wurde zu einem Durchgangslager für jüdische Flüchtlinge aus Sarajevo, die sich in die italienische Zone retten wollten. Sie wurde verhaftet, freigelassen und erneut verhaftet. Nach der zweiten Verhaftung, die am 15. Januar 1945 erfolgte, wurde sie in das KZ Jasenovac verschleppt und dort hingerichtet.

Die ganze Familie war im Widerstand aktiv. Ihr Bruder, ein Neffe und eine Nichte wurden von den Ustashi ermordet. Ihre Schwestern Marija und Lujza sowie Marijas Tochter konnten das NS-Regime und den Holocaust überleben. Berta Bhergman gilt als Pionierin der Frauenbildung in ihrem Heimatland. Ihrer wird gedacht auf dem Partisanendenkmal von Mostar, auf Gedenktafeln am Gymnasium in Mostar, welches sie besuchte, und an der Militärischen Medizinakademie in Belgrad. Ihr Name findet auch auf dem Holocaust-Denkmal am Friedhof von Mostar.[4]

HIER WOHNTE/LEBTE
Mostarskog Bataljona bb
Mostar
Sigmund Žiga Mandelbaum (1883–1943) https://partizansko.info/partizan/oskar-s-mandelbaum/

Sarajevo

Bearbeiten

In Sarajevo finden sich sechs Stolpersteine an fünf Adressen.

Stolperstein Übersetzung Verlegeort Name, Leben
HIER ARBEITETE
LEON FINCI
GEB. 1914
ERMORDET 1941
IM KZ JASENOVAC
Ćumurija 9
Sarajevo
Leon Finci (1897–1942) war Oberrabbiner. Verheiratet mit Lotti. [1]
HIER LEBTE
DR. MORIC LEVI
GEB. 1879
GETÖTET 1942
IN EINEM LAGER IN GRAZ
Branilaca Sarajeva 24
Sarajevo
Moric Levi (1879–1942) war Theologe, Historiker und sephardischer Oberrabbiner. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder.
Ulica Trampina 4
Sarajevo
Avram Levi Sadić (1868–1944), Gründer der Sockenfabrik „Ključ“
HIER LEBTE
DANIEL OZMO
GEB. 1912
ERMORDET 1942
IM KZ JASENOVAC
Gimnazijska 3
Sarajevo
Daniel Ozmo (1912–1942) war Künstler.
HIER LEBTE
LAURA PAPO
BOHORETA
GEB. 1891
ERMORDET 1942
IN SARAJEVO
Velika avlija Laure Papo Bohorete
Sarajevo
Laura Papo Bohoreta (1891–1942), Schriftstellerin, Historikerin, Übersetzerin und eine der ersten Feministinnen in Bosnien und Herzegowina
HIER LEBTE
MARCEL SNEIDER
GEB. 1900
ERMORDET 1941
IM KZ JADOVNO
Gimnazijska 3
Sarajevo
Marcel Sneider (1900–1941) war Mathematiker und Physiker.[5]

Verlegedaten

Bearbeiten
  • 29. April 2024: Sarajevo
  • 16. Mai 2024: Mostar

Angekündigt wurden auch Verlegungen in Banja Luka und Doboj.

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Enzyklopädie des Holocaust. Band II, S. 718.
  2. Enzyklopädie des Holocaust. Band II, S. 721.
  3. USHMM: Diary of Đura Rajs, abgerufen am 9. Juni 2024.
  4. Partizansko spomen-groblje: dr Berta J. BERGMAN, abgerufen am 8. September 2024(engl.)
  5. Židovski biografski leksikon: SCHNEIDER, Marcel