Die Orthodrome (von altgriechischὀρθοδρόμοςorthodrómos, deutsch ‚gradaus laufend‘)[1] ist die kürzeste Verbindung zweier Punkte auf einer Kugeloberfläche (d. h. nicht die gerade Strecke durch die Kugel hindurch).
Die Orthodrome ist eine Geodäte für den speziellen Fall einer Kugeloberfläche. Die Orthodrome ist immer ein Teilstück eines Großkreises. In der Luftfahrt fliegt man meist entlang dieser Orthodrome, um die geringste Flugstrecke zurücklegen zu können. Die umgangssprachlich häufiger gebrauchte synonyme Bezeichnung ist Luftlinie.
Die Orthodrome ist nicht definiert, wenn die gegebenen Punkte übereinstimmen oder auf der Kugeloberfläche gegenüberliegen (auf der Erdoberfläche also für antipode Punkte).
Als Maß für die Entfernung zweier Punkte dient in der sphärischen Geometrie der zugehörige Mittelpunktswinkel (mit dem Kugelmittelpunkt als Scheitel). Dieser Winkel, hier mit bezeichnet,
lässt sich berechnen durch[2]
Sind die gegebenen Punkte gleich, so erhält man durch diese Formel . Liegen die beiden Punkte auf der Kugeloberfläche gegenüber, so ergibt sich . In diesen Fällen sind Kurswinkel und die Lage der Orthodrome nicht definiert.
Um die Distanz zwischen den zwei Punkten zu berechnen, muss noch mit dem mittleren Erdradius (rund 6.371 km) multipliziert werden (für im Bogenmaß; falls in Grad angegeben ist, muss noch zusätzlich mit ° multipliziert werden).
Der Winkel kann über das Skalarprodukt der Ortsvektoren von und berechnet werden. Die obige Formel ergibt sich dann durch Umformungen mit Hilfe geometrischer Additionstheoreme für Sinus und Kosinus. Alternativ kann die Formel hergeleitet werden, indem der Seiten-Kosinussatz der sphärischen Trigonometrie auf das aus den Punkten und und dem Nordpol gebildete Dreieck angewendet wird.
Der Kurswinkel (das Azimut) gibt die Bewegungsrichtung an und wird ab Nordrichtung im Uhrzeigersinn gezählt. Zur Berechnung kann man für die nicht-trivialen Fälle das oben erwähnte Dreieck verwenden. und seien die Innenwinkel dieses Dreiecks bei A bzw. B (mit ). Sie können z. B. mithilfe des Seiten-Kosinussatzes berechnet werden.
Fällt einer der gegebenen Punkte mit dem Nord- oder Südpol zusammen, so ist die entsprechende Gleichung wegen Division durch 0 unbrauchbar.
Die beiden Parameter und lassen sich auch direkt aus den Breiten- und Längengraden bzw. und bzw. bestimmen:
Kurswinkel
Für die Kurswinkel (am Anfangspunkt) und (am Endpunkt) gilt . Es ergibt sich:
Voraussetzung
Kurswinkel bei A
Kurswinkel bei B
B östlich von A
B westlich von A
Gleicher Meridian, B nördlich von A
Gleicher Meridian, B südlich von A
Rechtweisende Kurse A → B (Hinweg)
Rechtweisende Kurse B → A (Rückweg)
Das Rechenzeichen ( oder ) ist hier so zu wählen, dass erfüllt ist.
Ob eine Orthodrome zwischen den Grenzpunkten einen nördlichsten oder südlichsten Punkt (Scheitelpunkt) hat, hängt vom Kurswinkel am Anfangspunkt () und am Endpunkt () ab.
Ein nördlicher Scheitelpunkt existiert, wenn entweder zugleich und oder zugleich und gilt. Man erhält unter dieser Voraussetzung:
Ein südlicher Scheitelpunkt existiert, wenn entweder zugleich und oder zugleich und gilt. In diesem Fall ergibt sich:
Wegen der Festlegung müssen die Ergebnisse für und unter Umständen korrigiert werden: Bei Werten über muss subtrahiert werden, bei Werten unter muss addiert werden.
Die Formeln lassen sich begründen durch Anwendung der neperschen Regel auf das rechtwinklige Kugeldreieck, das durch Punkt A, den Scheitelpunkt und den Nordpol bestimmt ist.
Das sind aufgrund der idealisierten Geodaten selbstverständlich nur zwei Näherungen. Die tatsächliche Entfernung zwischen den beiden angegebenen Punkten in Berlin und Tokio kann bei Verwendung des WGS84-Referenzellipsoids zu 8941,2 km genauer berechnet werden, also mit einer Abweichung von etwa 23 km oder 0,26 % im Vergleich zur zweiten Näherung.
Genauere Formel zur Abstandsberechnung auf der Erde
Mit folgenden Formeln kann der Abstand zwischen zwei Standorten auf der Erde auf 50 Meter genau berechnet werden, siehe dazu auch Thaddeus Vincenty. Dabei wird keine Kugel, sondern das WGS84-Ellipsoid zugrunde gelegt. Sollten Koordinaten eines anderen Referenzellipsoids verwendet werden, müssen die Parameter (Radius) und (Abplattung) angepasst werden.
Seien und die geografische Breite und Länge von Standort A, und die geografische Breite und Länge von Standort B im Gradmaß. Der Abstand zwischen beiden Standorten berechnet sich wie folgt:
Gegenüberstellung von Loxodromen (rot) und Orthodromen (blau) auf einer Mercatorkarte, mit Weglängen in Kilometern.
Weg
Lox.
Orth.
Diff.
NY-MO
8359 km
7511 km
10,1 %
NY-DA
6207 km
6150 km
00,9 %
DA-MO
6596 km
6509 km
01,3 %
Bei der Navigation von Punkt A nach B mit einem Kompass eignet sich die Loxodrome besser, da sie die Meridiane immer im gleichen Winkel kreuzt, man also den einmal eingestellten (Kompass-)Kurs einfach beibehalten kann.
Bei kurzen Strecken ist eine Loxodrome nur unwesentlich länger als eine Orthodrome. Bei hoher Breite und bei Entfernungen unterhalb von 30 Längengraden liegt der relative Längenunterschied bei weniger als 1 %. Danach steigt er deutlich an. Eine Reise entlang des 50. Breitengrades über 180 Längengrade ist 45 % länger als der Weg über einen Großkreis, der dann über den Pol verläuft.