Der Tebtunis-Mondkalender wurde am 10. März 1931 unter der Leitung von Carlo Anti in Tebtunis entdeckt. Im Ort liegt der Tempel des Soknebtynis („Sobek, Herr von Tebtynis“) am südlichen Rand der Siedlung. Vor dem Naos liegt ein kleiner Hof. Die Anlage ist von einer Umfassungsmauer umgeben, die auch weitere Gebäude, darunter einen kleinen Nebentempel und zahlreiche Priesterzellen einschließt.

Tebtunis-Mondkalender (Ägypten)
Tebtunis-Mondkalender (Ägypten)
Tebtunis
Karte von Ägypten

Hintergrund

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Die ersten Ausgrabungen an diesem Ort wurden 1899/1900 durch die beiden englischen Papyrologen B. P. Grenfell und A. S. Hunt durchgeführt. Sie legten Teile des Soknebtynis-Tempels und der umliegenden Siedlung frei, wobei sie zahlreiche griechische und demotische Papyri – das eigentliche Ziel ihrer Grabungen – fanden. Bei der Fundaufteilung kamen die meisten demotischen Papyri nach Kairo, die griechischen und die noch in den Kartonagen steckenden dagegen zunächst zur Bearbeitung nach Oxford und später – nach dem Tod von Grenfell und Hunt – in die Bancroft Library der University of California; die letzten zuvor übersehenen Kisten sind erst vor kurzem dort eingetroffen.

Mit der Auswertung dieser Tebtunis-Papyri befasst sich das 2000 gegründete Center for the Tebtunis Papyri (CTP). Nach Kopenhagen gelangten dagegen vor allem literarische Texte in demotischer wie hieratischer Schrift. Sie stammen sicher aus der Bibliothek des Soknebtynis-Tempels.

Der Tebtunis-Mondkalender

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Jahreszeitenschema, Übersicht über die Referenzlinien der Erdbahn

Der Bau der Tempelanlage wird auf das zweite Jahrhundert v. Chr. geschätzt. In Übereinstimmung dazu datiert der Tebtunis-Kalender, der detaillierte Angaben zu zahlreichen Festen sowie Angaben hinsichtlich der Stunden der Nacht und der Stunden des Tages enthält.

Die von Alan Gardiner und Richard Anthony Parker geäußerte Vermutung, dass der ägyptische Kalender spätestens seit Anfang des Neuen Reiches die Jahresform wechselte, findet im Kalender von Tebtunis eine weitere Bestätigung.

Auffallend ist die Verwendung der alten Monatsnamen des ägyptischen Mondkalenders, während im Hauptkalender die neu eingeführten Monatsnamen benutzt wurden. Zwei Mondmonatsnamen sind im Teptunis-Mondkalender anderen Gottheiten gewidmet. Weiter erfolgte ein Vorrücken des Monats Ka-her-ka auf die Position von Menchet.

Der Tebtunis-Mondkalender im Vergleich zum ägyptischen Kalender um 132 v. Chr.
Tebtunis-Mondkalender Tageslänge
(Buch der Stunden des Tages)
Ägyptischer Kalender Datum[1][A 1]
1. Techi 12 Stunden (Tagundnachtgleiche) 1. Achet I 23. September
1. Ka-her-ka (statt Menchet) 10 2/3 Stunden 1. Achet II 23. Oktober
1. Hut-heru 9 1/3 Stunden 30. Achet II 21. November
1. Sachmet (statt Ka-her-ka) 8 Stunden (Wintersonnenwende) 30. Achet III 21. Dezember
1. Schef-bedet 9 1/3 Stunden 29. Achet IV 19. Januar
1. Rekeh-wer 10 2/3 Stunden 29. Peret I 18. Februar
1. Rekeh-nedjes 12 Stunden (Tagundnachtgleiche) 28. Peret II 19. März
1. Mut (statt Renutet) 13 1/3 Stunden 28. Peret III 18. April
1. Chonsu 14 2/3 Stunden 27. Peret IV 17. Mai
1. Chenti-chet 16 Stunden (Sommersonnenwende) 27. Schemu I 16. Juni
1. Ipet-hemet 14 2/3 Stunden 26. Schemu II 15. Juli
1. Wepet-renpet 13 1/3 Stunden 26. Schemu III 14. August

Siehe auch

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Literatur

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  • Rolf Krauss: Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens. Gerstenberg, Hildesheim 1985, ISBN 3-8067-8086-X
  • Jean Meeus: Astronomische Algorithmen. Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5. 2. durchgesehene Auflage. Barth, Leipzig u. a. 2000, ISBN 3-335-00400-0, Berechnungsprogramm Ephemeris Tool 4,5.
  • Jürgen Osing: Hieratische Papyri aus Tebtunis - Carsten Niebuhr Institute of Near Eastern Studies. Museum Tusculanum Press, University of Copenhagen 1998, ISBN 87-7289-280-3.
  • Richard Anthony Parker: The calendars of ancient Egypt. Chicago Press, Chicago 1950.
  • Arthur M.F.W. Verhoogt: The Tebtunis Papyri at The Bancroft Library. In: Bancroftiana. Band 107, 1994, S. 4–7.

Anmerkungen

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  1. Daten des gregorianischen Kalenders. Zur Ermittlung der Referenzangaben im proleptischen Kalender sind zwei Tage zu addieren.

Einzelnachweise

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  1. Vgl. Jean Meeus Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5. Barth, Leipzig 2000, ISBN 3-335-00400-0, Berechnungsprogramm Ephemeris Tool 4,5.