Bruno Goebel

deutscher Orgelbauer

Bruno Goebel (* 6. Oktober 1860 in Landsberg, Oberschlesien; † 20. Oktober 1944 in Reitendorf, Reichsgau Sudetenland) war ein deutscher Orgelbauer in Königsberg. Seine Werkstatt schuf etwa 200 Orgeln vor allem in Ostpreußen, aber auch in Westpreußen, Litauen, Schlesien und an weiteren Orten.

Bruno Goebel ging um 1875 zu Anton Czopka in Rosenberg in Schlesien in die Lehre. 1882 war er bei Urban Kreutzbachs Sohn im sächsischen Borna, danach ging er nach Heidelberg. Es folgten Tätigkeiten bei Schlag in Schlesien und bei Heinrich Koulen in Straßburg, wo er mit den Besonderheiten der französischen Orgelbaukunst vertraut gemacht wurde. 1886 heiratete Goebel in Schlesien. Danach arbeitete er bei Kuhn in der Schweiz und 1890 bei G. F. Steinmeyer in Bayern. 1892 wurde er Geschäftsführer bei József Angster im ungarischen Fünfkirchen (Pécs).

1894 übernahm Bruno Goebel die Werkstatt von Johann Rohn in Wormditt in Ostpreußen. In diesem Jahr baute er die erste Orgel in Arnsdorf. 1898 übernahm er die Orgelbau-Anstalt von Max Terletzki in Königsberg und nannte sie zunächst Max Terletzki Nachf., Inhaber B. Goebel, Orgelbau-Anstalt.[1] Bis 1930 wurden etwa 240 Neubauten und größere Umbauten ausgeführt. Um 1931 musste die Firma wegen der Wirtschaftskrise schließen und wurde 1932 als Bruno Goebel Söhne weitergeführt. Bis 1944 wurden etwa 60 weitere Neu- und Umbauten hergestellt.

Seine Söhne arbeiteten zeitweise in der Firma mit.

  • Joseph (Josef) Goebel (1893–1969), eröffnete 1920 eine eigene Orgelbauanstalt in Danzig, ab 1950 in Leichlingen im Rheinland als Orgelbauer und Autor
  • Hans Goebel (1897–1965), gründete eine Filiale in Kaunas in Litauen von 1928/29 (als Jonas Goebel) mit etwa 10 Orgelneubauten, ab etwa 1935 wieder in Königsberg, nach 1945 in Azpeitia im Baskenland als Orgelbauer[2]
  • Friedrich (Fritz) Goebel (1900–1971), arbeitete ab 1919 bei Jehmlich in Dresden, 1920 wieder in Königsberg, seit 1925 bei Klais in Bonn, seit 1937 Geschäftsführer von Bruno Goebel Söhne in Königsberg, nach 1945 wieder bei Klais
  • Alfons Goebel (1902–1989), spätestens seit 1932 Prokurist in der Königsberger Firma

Werkliste (Auswahl)

Bearbeiten

Aus der Werkstatt von Bruno Goebel gab es etwa 300 Neu- und größere Umbauten, dazu einige Reparaturen und Restaurierungen.[3] Die Trakturen waren meist pneumatisch, seit etwa 1929 teilweise elektropneumatisch. Die Goebel-Orgeln waren bekannt für einen schönen Klang.[4]

Etliche der Orgeln sind erhalten, teilweise restauriert. Bei einigen angeblichen Neubauten handelte es sich um Umbauten oder Erweiterungen bestehender Orgeln. Nicht mehr vorhandene Orgeln sind kursiv gesetzt.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1894 Arnsdorf Katholische Kirche II/P 19 erhalten, Opus 1
1898 Mehlsack (Pieniężno) St. Peter und Paul 33 erhalten
1901 Königsberg, Ostpreußen Königin-Luise-Gedächtnis-Kirche Das Orgelgehäuse wurde von der Firma Gustav Kuntzsch, Anstalt für kirchliche Kunst, Wernigerode, hergestellt.
1942 ersetzt durch eine Kemper-Orgel; diese ging in den Nachkriegswirren verloren.
1903 Springborn (Ermland) / Stoczek Klasztorny (Polen) Basilika Mariä Heimsuchung   III/P 52 Opus 208
1905 Heilige Linde (Święta Lipka) Wallfahrtskirche   II/P 36 in einem Barockgehäuse von Mosengel. 2009 Restaurierung durch S. Sauer, Westf.
1906 Lipowitz/Lindenort (Lipowiec) Evangelische Kirche Kirche samt Orgel 1945 zerstört
1906 Švėkšna, Litauen St. Jakobus II/P 24 2007 restauriert durch Šauklys
1907 Danzig St. Albrecht II/P 14 erhalten
1909 Plaßwich (Płoskinia) Katharinenkirche II/P 25 erhalten, opus 272[5]
1909 Braunsberg (Braniewo) St. Katharina 42 in Barockprospekt von Mosengel von 1726, 1945 zerstört
1909/10 Berlin St. Mauritius   II/P 32 einzige erhaltene größere Goebel-Orgel in Deutschland → Orgel
1911 Rosenberg (Olesno), Schlesien St. Michael   II/P 20 erhalten, Opus 289
1914 Kattowitz (Katowice), Oberschlesien St. Antonius   II/P 35 erhalten, Opus 297
1912 Rosenberg (Olesno) Fronleichnamskirche III/P 37 erhalten, Opus 298
1915 Rastenburg (Kętrzyn) Kirche der hl. Katharina von Alexandrien   II/P 19 nahezu vollständig erhalten, Opus 281[6]
1916 Allenstein (Olsztyn) Herz Jesu III/P 44 erhalten – Orgel
1929 Heilsberg (Lidzbark) St. Peter und Paul   52 erhalten, Opus 365[7]
1929 Wormditt (Orneta) Katholische Kirche, heute Kirche Johannes der Täufer
 
III/P 46 erhalten, Opus 366, elektropneumatische Traktur, 1945 beschädigt, teilweise restauriert[8]
1931 Panevėžys, Litauen Kathedrale Christus König III/P 25 geplant waren 38 Register, 2014 restauriert[9]
1936 Frankfurt am Main Rundfunk 44 wahrscheinlich verloren
1939/41 Leipzig Freikirchliche Gemeinde (Baptisten) 6 ursprünglich für Reichssender Leipzig, erhalten
1942/43 Berlin Privat 5 Verbleib?
1944 Königsberg i. Pr. Privat? letztes bekanntes Instrument
? Schlochau (Człuchów) St Jakob   37 (27 manual)

Umbauten und Reparaturen

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1915/16 Bogutschütz (Bogucice, heute Stadtteil von Kattowitz), Oberschlesien St. Stephan und Maria   III/P 45 Erweiterung nach Schlag & Söhne (1893/94), als Neubau deklariert, Opus 321, erhalten
1926 Elbing (Elbląg) Nikolaikirche III/P 53 Erweiterung der Terletzki-Orgel (vorher III/P, 45)

Literatur

Bearbeiten
  • Werner Renkewitz, Jan Janca, Hermann Fischer: Geschichte der Orgelbaukunst in Ost- und Westpreußen von 1333 bis 1944. Band II, 2. Von Johann Preuß bis E. Kemper & Sohn, Lübeck/Bartenstein. Siebenquart, Köln 2015. S. 475–587.
  • Wolfgang J. Brylla: Bruno Goebel. In: Uwe Pape, Wolfram Hackel, Christhard Kirchner (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 4. Berlin, Brandenburg und Umgebung. Pape Verlag, Berlin 2017. S. 176.
  • Orgelbaumeister Bruno Goebel 70 Jahre. In: Zeitschrift für Instrumentenbau. 1930. S. 26f.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Briefkopf in Erinnerungen an die weltberühmte Orgelbauanstalt Terletzki-Wittek in Elbing und Terletzki-Goebel in Königsberg
  2. in Litauen unter Opuszählung des Vaters, ausführlich in Girenas Povilionis: Karaliaučiaus meistro Bruno Goebelio ... In: Acta Academiae Artium Vilnensis. 77/78. 2015. S. 45–63, besonders S. 50–52 PDF
  3. Die Opuszahlen gehen von 1 bis 15 und von 130 bis etwa 437. Außerdem wurden Arbeiten von Max Terletzki als Opus 16-130 zusätzlich mitgezählt.
  4. "Eine gute Orgel soll betriebssicher sein wie eine Wittek-Orgel, schön klingen wie eine Goebel-Orgel und billig sein wie eine Novak-Orgel" galt scherzhaft unter ostpreußischen Orgelbauern dieser Zeit, zitiert nach Renkewitz, II, 2, S. 484
  5. Kościół św. Katarzyny Płoskinia MusicamSacram, mit Disposition
  6. Kętrzyn, Kościół św. Katarzyny Aleksandryjskiej MusicamSacram, mit Disposition
  7. Kościół świetych apostolów Piotra i Pawla Musicamsacram, Orgel mit Disposition (polnisch)
  8. Orneta, Kirche Johannes der Täufer MusicamSacram, mit Disposition (polnisch)
  9. Panėvežys, Königliche Kathedrale Organindex, mit Disposition (deutsch)