Chronik der Anna Magdalena Bach

Film von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet (1968)

Chronik der Anna Magdalena Bach ist ein deutsch-italienischer Spielfilm des französischen Regisseurs Jean-Marie Straub aus dem Jahr 1968. Das Drehbuch verfasste der Regisseur zusammen mit seiner Partnerin Danièle Huillet. Es behandelt wichtige Stationen in der Lebensgeschichte des Komponisten Johann Sebastian Bach, wobei Straub-Huillet von Carl Philipp Emanuel Bachs seinem Vater gewidmeten Nekrolog sowie von Briefen Bachs ausgingen.[1] Den Titel des Films wählten sie in Anlehnung an das Buch Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach der englischen Autorin Esther Meynell.[2]

Film
Titel Chronik der Anna Magdalena Bach
Produktionsland BRD, Italien
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1968
Länge 94 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Jean-Marie Straub
Drehbuch Jean-Marie Straub
Danièle Huillet
Produktion Franz Seitz junior
Musik Johann Sebastian Bach
Kamera Ugo Piccone
Saverio Diamanti
Giovanni Canfarelli
Besetzung

Inhaltsangabe

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Der Film besteht fast ausschließlich aus Aufnahmen von Solisten (Gesang, Klavier, Orgel), von Orchestern und Chören, die an historischen Orten aufgenommen wurden und Personen in historischen Kostümen zeigen. Dazwischengeschnitten sind Aufnahmen von Originalhandschriften und -partituren, von Briefen und anderen Dokumenten. Bach selbst und seine zweite Frau Anna Magdalena erscheinen im Bild, aber sie agieren kaum oder gar nicht. Eine eigentliche Handlung ist folglich nicht erkennbar. Entwicklungen und Zeitfluss sind lediglich aus der chronologischen Abfolge der Musikstücke, aus den ausführlichen schriftlichen oder akustischen Zitaten aus Dokumenten zu entnehmen. Die zumeist im Off gesprochenen Zitate sind in der Sprache abgefasst, derer sich Bach und seine Zeitgenossen bedienten.[3]

Produktionsnotizen

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Der innerhalb von acht Wochen zwischen August und Oktober 1967 entstandene Film wurde am 3. Februar 1968 in Utrecht im Rahmen der Cinemanifestale uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung fand am 30. Juni 1968 in Berlin (West) statt. Im Bundesgebiet lief der Film seit dem 14. März 1969.

Die Musik stammt vom Protagonisten selbst und wird interpretiert vom Instrumental-Ensemble Concentus Musicus Wien unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, der Schola Cantorum Basiliensis unter der Leitung von August Wenzinger und dem Knabenchor Hannover. Die Außenaufnahmen entstanden u. a. in Eutin (Schleswig-Holstein), Hamburg, Leipzig, Lübeck, Lüneburg, Nürnberg und Stade.

Kritiken

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„Das Leben Johann Sebastian Bachs in einer unorthodoxen Darstellung durch Jean-Marie Straub. Der Film ist weder traditionelle Musikbiographie noch ein Kulturfilm über Bach. Er entdeckt vielmehr im Historischen das Bewegende eines arbeitsreichen Lebens und verweist, nicht zuletzt durch Struktur und Stil, auf dessen gegenwärtige Bedeutung. Ein im geistigen wie im formalen Konzept ungewöhnlicher Film.“

Lexikon des internationalen Films[4]

„Film über das Werk und die wichtigsten Lebensstationen von Johann Sebastian Bach. Straubs zweiter Film besteht aus vornehmlich statischen und völlig ausdruckslosen Aufnahmen, die ein für Bachfreunde sicherlich interessantes Tonband mehr als unzureichend illustrieren helfen.“

Evangelischer Film-Beobachter[3]

„Fazit: Sprödes Porträt, nur für Extrem-Cineasten.“

Auszeichnungen

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  • Prädikat „besonders wertvoll“, Filmbewertungsstelle Wiesbaden
  • Monatsbester Film der Evangelischen Filmgilde (April 1968)[6]
  • IFF London 1968: Bester Film des Jahres
  • IFF Prades: Großer Preis von Prades
  • Bambi 1968 für den „künstlerisch wertvollsten deutschen Film“ des Jahres

Literatur

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  • Jean-Marie Straub: Der Bachfilm. Zuerst erschienen in: Filmkritik, Heft 11/1966. Wiederveröffentlicht in: Die Früchte des Zorns und der Zärtlichkeit - Werkschau Danièle Huillet / Jean-Marie Straub und ausgewählte Filme von John Ford, eine Publikation der Viennale, Direktion: Hans Hurch, Konzept und Textauswahl: Astrid Johanna Ofner, Viennale, Wien 2004, ISBN 3-901770-15-1. – Der Text entstand nach einem Gespräch mit Enno Patalas, das fast ein Jahr vor Beginn der Dreharbeiten geführt wurde. Es ging zu diesem Zeitpunkt darum, „das Geld für die Produktion des Films zusammenzubekommen“ (Danièle Huillet).
  • Jean-Marie Straub: Chronik der Anna Magdalena Bach. Verlag Filmkritik, Frankfurt am Main, 1969. – Der Text ist das von Danièle Huillet nach dem Film revidierte Drehbuch, versehen mit Längenangaben zu den Einstellungen sowie zahlreichen Abbildungen. Redaktion: Helmut Färber.
  • Herbert Linder: Es tut dieser Cantor nicht allein nichts … und Kinder, aufgepasst !, in: Süddeutsche Zeitung vom 18. März 1969 bzw. Filmkritik, Heft 10/1968; beide Texte wiederveröffentlicht in: Rolf Aurich, Wolfgang Jacobsen (Hrsg.): Herbert Linder – Filmkritiker, Edition Text + Kritik, München 2013, ISBN 978-3-86916-268-3.

Le Bachfilm. Éditions Montparnasse, 2013.

  • DVD 1: Chronik der Anna Magdalena Bach in fünf verschiedenen Sprachfassungen, u. a. der deutschsprachigen Originalfassung
  • DVD 2: 1) Mehrsprachiger Dokumentarfilm Signalement de Jean-Marie Straub von Henk de By (1968), 2) Gespräch mit Christiane Lang-Drewanz (2012), 3) Gespräch mit Nikolaus Harnoncourt (2012) sowie bisher unveröffentlichte Dokumente und Fotos von den Dreharbeiten

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Siehe Jean-Marie Straub: Der Bachfilm.
  2. Jean-Marie Straub, im Oktober 1968 in einem Gespräch mit Redakteuren der Zeitschrift Filmkritik auf die Frage, warum er diesen Titel behalten habe, obwohl doch der Film nichts mit dem Buch der englischen Autorin zu tun habe: „Aus Dank. Wenn ich das Buch nicht gelesen hätte, wäre ich vielleicht nie auf den Film gekommen. Und weil mir der Titel gefällt, wegen des Wortes Chronik.“
  3. a b Langkritik im Evangelischen Film-Beobachter, Evangelischer Presseverband München, 20. Jahrgang 1968, Kritik Nr. 52/1968, S. 52
  4. Chronik der Anna Magdalena Bach. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 17. November 2022. =rororo-Taschenbuch Nr. 3174 (1988), S. 546
  5. Chronik der Anna Magdalena Bach. In: cinema. Abgerufen am 30. September 2022.
  6. Evangelischer Filmbeobachter, 1968, S. 205