Enzo Weber
Enzo Weber (* 1980 in Berlin) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Seit 2011 ist er als Forschungsbereichsleiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg tätig und zudem Lehrstuhlinhaber an der Universität Regensburg.
Zu seinen Forschungsgebieten gehören Makroökonomik, Arbeitsmarkt, Konjunktur, Prognose, Finanzmärkte, internationale und monetäre Ökonomie sowie Ökonometrie. Er entwickelte u. a. das IAB-Arbeitsmarktbarometer und das European Labour Market Barometer.
Werdegang
BearbeitenWeber studierte Volkswirtschaftslehre und promovierte 2007 an der Freien Universität Berlin. Dort war er wissenschaftlicher Mitarbeiter von Jürgen Wolters. Zudem war er Mitglied des Sonderforschungsbereiches 649 „Ökonomisches Risiko“ der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Gastforscher am Japan Center for Economic Research. Nach einem Wechsel an die Universität Mannheim wurde er 2009 als Juniorprofessor an die Universität Regensburg berufen.
Seit 2011 ist Weber Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Regensburg. Zudem ist er Research Fellow am Institut für Ost- und Südosteuropaforschung und bei Berlin Economics.
Mitgliedschaften und Auszeichnungen
BearbeitenEnzo Weber ist Mitglied im Wirtschaftspolitischen Beirats beim SPD-Parteivorstand[1], BDA-Digitalrat[2], Wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsforums der SPD[3], Wissenschaftlichen Beirat des Bundesverband mittelständische Wirtschaft[4], Wissenschaftlichen Beirat der Hans-Böckler-Stiftung[5] und in der Nationale Plattform Zukunft der Mobilität[6].
2008 erhielt Enzo Weber den Ernst-Reuter-Preis der Ernst-Reuter-Gesellschaft.[7] Von Capital wurde er 2019 in die Junge Elite – die Top 40 unter 40 – gewählt.[8] Im Handelsblatt-Ranking 2017 U40 nahm er Platz 20 ein.[9] Im F.A.Z.-Ökonomenranking 2018 wird er auf Platz 27 geführt.[10] Auf der LABOR.A 2018 der Hans-Böckler-Stiftung wurde Webers Vorschlag der „Digitalen Sozialen Sicherung“ als beste Idee ausgezeichnet.[11]
Beiträge zu öffentlichen Debatten
BearbeitenIn Folge der Digitalisierung erwartet Weber keinen Beschäftigungseinbruch in Deutschland. Er hält aber eine umfassende Weiterbildungspolitik für notwendig.[12] Zudem sieht er Jobs in den Schwellenländern von der Robotisierung stark negativ betroffen.[13] Mit dem Konzept der „Digitalen Sozialen Sicherung“ (DSS) schlägt Weber vor, soziale Absicherung von Plattformarbeitern digital über einen in die Plattformen integrierten Mechanismus zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zu organisieren.[14][15]
Auf seine Analysen geht das von der Bundesregierung formulierte Ziel einer Rücklage im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit von 0,65 % des Bruttoinlandsprodukts zurück.[16] Weber spricht sich gegen eine europäische Arbeitslosenversicherung als Individualversicherung aus, argumentiert aber für ein europäisches Budget im Sinne einer Rückversicherung.[17]
Er sieht eine wesentliche Rolle der Hartz-Reformen für den Beginn des deutschen Arbeitsmarktaufschwungs, aber ebenso kritische Entwicklungen wie die Ausweitung des Niedriglohnbereichs und der atypischen Beschäftigung.[18] Weber kommt zu dem Ergebnis, dass die deutlich gewachsene Lohnungleichheit in Deutschland Beschäftigung und Produktivität geschadet hat, und plädiert für angemessene Mindestlöhne.[19] Er plädiert dafür, die Zwangsverrentung von Hartz-IV-Beziehern abzuschaffen und den Vorrang von privaten Rentenansprüchen vor Grundsicherungsleistungen stattdessen durch einen direkten finanziellen Ausgleich zwischen Rentenversicherung und Bund sicherzustellen.[20] Weiterhin warnt er, dass Arbeitsmarktreformen in Rezessionen kurz- und mittelfristig sogar kontraproduktive Wirkungen haben können, wie etwa in Südeuropa während der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise.[21]
Weber geht davon aus, dass die Lohnentwicklung der 2010er Jahre nicht durch die starke Zuwanderung nach Deutschland gedämpft wurde.[22] Er weist darauf hin, dass die hohen Abwanderungsquoten von Ausländern in Deutschland durch gute Integration gesenkt werden müssten, um nachhaltig positive Migrationssalden zu realisieren.[23] Im Zusammenhang mit der Fluchtmigration sieht er großes Potenzial von Investitionen in Sprache und Qualifikation.[24]
In der Corona-Krise schlug Weber finanzielle Förderung von Neueinstellungen vor, die später u. a. als „Restart-Prämie“ umgesetzt wurde.[25] Zudem befürwortet er ein BAFöG für Zweitausbildungen und einen Bildungsbonus in der Arbeitslosigkeit[26] sowie eine Förderung von Digitalinvestitionen.[27]
Sonstiges
BearbeitenEnzo Weber spielt E-Gitarre und Mundharmonika in der Band Wise Noise.[28]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Bearbeiten- E. Weber: Industrie 4.0: Wirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt. In: Wirtschaftsdienst. Band 95, 2015, S. 722–723.
- E. Weber: The labour market in Germany: reforms, recession and robustness. In: De Economist. Band 163, 2015, S. 461–472.
- E. Weber: Das Ziel der Vollbeschäftigung in Deutschland: Fern, aber erreichbar. IAB-Kurzbericht, 15/2014.
- R. Tschernig, E. Weber, R. Weigand: Long-run identification in a fractionally integrated system. In: Journal of Business and Economic Statistics. Band 31, 2013, S. 438–450.
- C. Hutter, E. Weber, K. Schmidt, S. Delfs: Neuer Frühindikator für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit: Startschuss für das IAB-Arbeitsmarktbarometer. IAB-Kurzbericht, 20/2013.
- E. Weber: Analysing U.S. output and the great moderation by simultaneous unobserved components. In: Journal of Money, Credit and Banking. Band 43, 2011, S. 1579–1597.
- E. Weber: Structural conditional correlation. In: Journal of Financial Econometrics. Band 8, 2010, S. 392–407.
- B. Gehrke, E. Weber: Identifying asymmetric effects of labor market reforms. In: European Economic Review. Band 110, 2018, S. 18–40.
- Merkl, C.; Weber, E. (2020): Raus aus der Neueinstellungskrise! Wirtschaftsdienst, 100, Nr. 7, S. 507–509.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Wirtschaftspolitischer Beirat. SPD, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ BDA-Digitalrat. BDA, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Wissenschaftlicher Beirat. SPD-Wirtschaftsforum, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Wissenschaftlicher Beirat. BVMW, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Wissenschaftlicher Beirat. Hans-Böckler-Stiftung, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ NPM. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Liste der Ernst-Reuter-Preisträger. Freie Universität Berlin, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2015; abgerufen am 10. Dezember 2015.
- ↑ Junge Elite - die Top 40 unter 40. Capital, abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Handelsblatt VWL-Ranking 2017 - Forscher unter 40. Handelsblatt, abgerufen am 24. November 2018.
- ↑ F.A.Z-Ökonomenranking 2018: Deutschlands einflussreichste Ökonomen. F.A.Z., abgerufen am 24. November 2018.
- ↑ LABOR.A - gelungener Wettstreit der guten Ideen. In: Mitbestimmung. (magazin-mitbestimmung.de [abgerufen am 24. November 2018]).
- ↑ Weber, Enzo: Digitalisierung als Herausforderung für eine Weiterbildungspolitik. In: Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für Wirtschaftspolitik. Band 2017, Nr. 5, 12. Mai 2017 (wirtschaftsdienst.eu [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Francesco Carbonero, Ekkehard Ernst, Enzo Weber: Robots worldwide: The impact of automation on employment and trade. 27. Oktober 2018 (ilo.org [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Enzo Weber: Setting out for Digital Social Security. 30. September 2018 (ilo.org [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Digitale soziale Sicherung – ein Schritt in die Zukunft - IAB-Forum. In: IAB-Forum. 13. September 2018 (iab-forum.de [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Einnahmen und Ausgaben der Arbeitslosenversicherung: BA-Haushalt stabilisiert die Konjunktur. (PDF) Abgerufen am 25. November 2018.
- ↑ Europäische Arbeitslosenversicherung: Die Diagnose stimmt, die Therapie nicht. (PDF) Abgerufen am 25. November 2018.
- ↑ Makroökonomische Perspektive auf die Hartz-Reformen: Die Vorteile überwiegen. (PDF) Abgerufen am 25. November 2018.
- ↑ Arbeitsmarktwirkungen von Lohnspreizung: Höhere Ungleichheit schadet. In: Oekonomenstimme.org. (oekonomenstimme.org [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Weber, Enzo: Rentenvorrang erst im Nachhinein! In: Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für Wirtschaftspolitik. Band 2016, Nr. 5, 12. Mai 2016 (wirtschaftsdienst.eu [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ The Timing of Structural Labor Market Reforms Matters - IAB-Forum. In: IAB-Forum. 9. Februar 2018 (iab-forum.de [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Puzzling Wage Developments in Germany? In: IMF Country Report No. 18/208. International Monetary Fund, abgerufen am 25. November 2018.
- ↑ Gastbeitrag von Enzo Weber: Hiergeblieben! In: sueddeutsche.de. 11. September 2016, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 25. November 2018]).
- ↑ Fiskalische und gesamtwirtschaftliche Effekte: Investitionen in die Integration der Flüchtlinge lohnen sich. (PDF) Abgerufen am 25. November 2018.
- ↑ Es ist Zeit für Einstellungszuschüsse! Abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Die transformative Rezession. Abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Es gibt keinen Weg zurück in die Zeit vor Corona. Abgerufen am 10. Juni 2021.
- ↑ Elitenetzwerk Bayern FORUM – Quo vadis Währungsunion? Elitenetzwerk Bayern, 26. Januar 2012, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 26. November 2018; abgerufen am 10. Dezember 2015. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Personendaten | |
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NAME | Weber, Enzo |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 1980 |
GEBURTSORT | Berlin |