Glufosinat

chemische Verbindung
(Weitergeleitet von Phosphinothricin)

Glufosinat, auch Phosphinothricin, ist ein Herbizid. Es ist die erste in der Literatur beschriebene, peptidisch gebundene und natürlich vorkommende Aminosäure mit einer Phosphinsäure-Gruppe.

Strukturformel
Chemische Strukturformel von Glufosinat (Stereozentrum mit * markiert)
Vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name Glufosinat
Andere Namen
  • 2-Amino-4-(hydroxy-methyl-phosphoryl)butansäure
  • Phosphinothricin
  • Basta® (Handelsname)
Summenformel
  • C5H12NO4P (Glufosinat)
  • C5H15N2O4P (Glufosinat-Ammoniumsalz)
Kurzbeschreibung
  • farbloser kristalliner Feststoff[1]
  • in technischer Qualität gelblich-weiß[1]
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 257-102-5
ECHA-InfoCard 100.051.893
PubChem 4794
ChemSpider 4630
Wikidata Q302204
Eigenschaften
Molare Masse 181,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,4 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

215 °C[1]

Löslichkeit

sehr leicht in Wasser (1370 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]

Glufosinat-Ammonium

Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​312​‐​332​‐​360Fd​‐​373
P: 201​‐​280​‐​308+313[2]
Toxikologische Daten

2000 mg·kg−1 (LD50, Ratte (männlich)oral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Der Glufosinat-Rest wurde 1971 als Bestandteil des Tripeptids Bialaphos in Streptomyceten entdeckt. Eine Besonderheit liegt auch in der Seltenheit der Kohlenstoff-Phosphor-Kohlenstoff-Bindung und der bis heute noch nicht vollständig geklärten Biosynthese dieser chemisch stabilen Gruppierung. Glufosinat wird vom BMELV als reproduktionstoxisch eingestuft.[4]

Isomere und Salze

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Glufosinat besitzt ein Stereozentrum am C2-Atom, somit existieren zwei Enantiomere der Verbindung, (S)-Glufosinat und (R)-Glufosinat. Das 1:1-Gemisch wird als Racemat bezeichnet.

Enantiomere von Glufosinat
Name (S)-Glufosinat (R)-Glufosinat
Andere Namen L-Glufosinat
(–)-Glufosinat
Glufosinat-P
D-Glufosinat
(+)-Glufosinat
D-Phosphinothricin
Strukturformel    
CAS-Nummer 35597-44-5 73679-07-9
51276-47-2 (Racemat)
EG-Nummer 690-077-2
257-102-5 (Racemat)
ECHA-Infocard 100.217.200
100.051.893 (Racemat)
PubChem 91619 6971307
4794 (Racemat)
Wikidata Q27266088 Q27093615
Q302204 (Racemat)

In kommerziellen Produkten wird häufig das Ammoniumsalz der racemischen Säure, „Glufosinat-Ammonium“[5] eingesetzt.

Herstellung

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Die industrielle Synthese von racemischem Glufosinat erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird ein sogenannter Methanphosphonigsäureester hergestellt.

Dazu wird zunächst Methan (1) mit Phosphortrichlorid (2) bei Temperaturen von 500–650 °C und einem Druck von 3–6 bar in Gegenwart von geringen Mengen Tetrachlorkohlenstoff zum Methyldichlorphosphin (3) umgesetzt:[6]

 
Industrielle Synthese von Methyldichlorphosphin

Das gebildete Methyldichlorphosphin (3) wird anschließend zur Methanphosphinigsäure (4) partiell hydrolysiert. Je nachdem, welcher Ester gewünscht ist, wird letztere in einem weiteren Schritt mit dem entsprechenden Alkohol (häufig Methanol oder n-Butanol) umgesetzt, wodurch der entsprechende Methanphosphonigsäurealkylester (5) erhalten wird:

 
Industrielle Synthese von Methanphosphonigsäureester (MPE)

Der Methanphosphonigsäurealkylester (5) wird anschließend mit einem Acrylsäureester (6) umgesetzt und das Additionsprodukt (7) mit Dimethyloxalat (8) in Gegenwart von Natriummethanolat in einer Claisen-Kondensation und anschließender Verseifung und Decarboxylierung zur β-Ketosäure (9) umgesetzt. Eine abschließende reduktive Aminierung an einem geeigneten Übergangsmetallkatalysator liefert schließlich Glufosinat (10) als Endprodukt:

 
Industrielle Synthese von Glufosinat

In der Literatur sind verschiedene Methoden zur Synthese von racemischem Glufosinat [1:1-Gemisch aus (S)-Glufosinat und (R)-Glufosinat] beschrieben.[7]

Verwendung

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Herbizid

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Das racemische Ammoniumsalz von Phosphinothricin ist als Bestandteil in verschiedenen kommerziellen Herbiziden enthalten und wird unter mehreren Handelsnamen als (Total-)Herbizid mit kontakt- und teilsystemischer Wirkung verwendet. Der bekannteste unter diesen Handelsnamen ist Basta®. Glufosinat wirkt sowohl gegen einkeimblättrige als auch gegen zweikeimblättrige Pflanzen. Die Aufnahme geschieht nicht über die Wurzeln, sondern hauptsächlich über die grünen Pflanzenteile und bewirkt dort eine Hemmung der Glutamin-Synthetase. Dies führt zur Anreicherung von Ammonium im Blattgewebe der Pflanze und weiterhin zu einem Mangel an Glutamin und anderen Aminosäuren. Dadurch kommt es zur Hemmung der Photosynthese, zu Chlorosen und letztendlich zum Absterben des Blattgewebes und schließlich der gesamten Pflanze. Glufosinat wird daher auch zur Gruppe der aminosäureantagonistischen Herbizide gezählt.

Gentechnische Resistenzen

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Es gelang gentechnisch, eine Resistenz gegen das Herbizid bei Nutzpflanzen wie Mais, Reis, Raps oder Salat zu erzeugen. Dazu wurde das Gen für das Enzym Phosphinothricin-Acetyl-Transferase (PAT-Enzym) aus dem Bakterium Streptomyces viridochromogenes isoliert. Das Bakterium, das Phosphinothricin selbst produziert, schützt sich damit vor seinem eigenen Gift, in dem es eine Acetylgruppe auf Phosphinothricin überträgt und es dadurch inaktiviert.

Ein Beispiel ist der Reis LL62. LL62 ist gegen das Bayer-Breitband-Herbizid Liberty (mit Wirkstoff Glufosinat-Ammonium) resistent. Bayer reichte 2004 seinen Antrag auf Zulassung für den Import in die EU von LL62 ein. Der Antrag bezieht sich auf die Verwendung als Lebens- und Futtermittel sowie zur Verarbeitung. In den USA besteht bereits eine Genehmigung für den Anbau.

Zulassungsstatus

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In der Europäischen Union galt seit 2007 eine Zulassung von Glufosinat für Pflanzenschutzmittel, die zum 31. Juli 2018 auslief.[8]

In Deutschland lief die Zulassung zum Inverkehrbringen für das vormals einzige glufosinathaltige Mittel „Basta“ zum 31. Dezember 2015 aus; eine Verlängerung der Zulassung zum Inverkehrbringen wurde nicht beantragt. Lagerbestände durften bis zum 30. Juni 2017 aufgebraucht werden.[9]

In der Schweiz endete die Aufbrauchsfrist am 6. Januar 2022.[8]

Die erlaubte Tagesdosis und die Akute Referenzdosis betragen jeweils 21 µg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, die Annehmbare Anwenderexposition liegt bei 2,1 µg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.[8]

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 365/2013 vom 22. April 2013 legte aufgrund vermuteter Risiken für Säugetiere und Nichtzielarthropoden fest, dass nur noch streifenweise oder punktuelle Herbizidanwendungen mit Glufosinat zugelassen werden durften, und zwar in Dosierungen von höchstens 750 g Wirkstoff/ha (behandelte Oberfläche) je Ausbringung und mit höchstens zwei Ausbringungen pro Jahr.[10] Zur Umsetzung der Durchführungsverordnung verbot oder beschränkte das BVL für bestimmte Kulturen die Anwendung des glufosinathaltigen Produkts „Basta“ zum 13. November 2013.[11]

Für die Märkte in Nord- und Südamerika sowie in Asien produziert BASF Glufosinat-Ammonium weiterhin an den deutschen Standorten Knapsack und Frankfurt. Ende 2024 werden diese Produktionsanlagen aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt und BASF bezieht den Wirkstoff stattdessen von Drittanbietern.[12]

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e Eintrag zu Glufosinat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 7. Mai 2014.
  2. a b c Eintrag zu Ammonium-2-amino-4-(hydroxymethylphosphinyl)butyrat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 23. Juli 2016. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu 2-amino-4-(hydroxymethylphosphinyl)butyric acid im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Neue rechtliche Regelungen für Pflanzenschutzmittel auf EU-Ebene (PDF; 75 kB) BMELV-Homepage, Jan. 2009; abgerufen am 22. März 2013.
  5. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Glufosinat-Ammonium: CAS-Nr.: 77182-82-2, EG-Nr.: 278-636-5, ECHA-InfoCard: 100.071.466, GESTIS: 530263, PubChem: 53597, Wikidata: Q3011371.
  6. Patent EP0082350B1: Verfahren zur Herstellung von Methyldichlorphosphan. Veröffentlicht am 3. April 1985, Anmelder: Hoechst Aktiengesellschaft, Erfinder: Klaus Gehrmann, Alexander Ohorodnik, Johannes Rosenthal, Stefan Schäfer.
  7. Bernd Schäfer: Naturstoffe der chemischen Industrie, Elsevier, 2007, S. 471–475, ISBN 978-3-8274-1614-8.
  8. a b c Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Glufosinate in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 12. Juli 2024.
  9. Bayer AG: Pflanzenschutzmittel „Basta“
  10. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 365/2013 der Kommission vom 22. April 2013 (PDF) zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Glufosinat.
  11. BVL: Änderung der Zulassung des Pflanzenschutzmittels Basta. 8. November 2013. Abgerufen am 9. März 2016.
  12. Ansgar Kretschmer: BASF stoppt Glufosinat-Ammonium-Anlagen an zwei deutschen Standorten. In: CHEMIE TECHNIK. Hüthig Medien GmbH, 11. Juli 2024, abgerufen am 11. Juli 2024.