Großeibstadt
Großeibstadt ist eine Gemeinde und deren Hauptort im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld und ein Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Saal an der Saale. Internationale archäologische Bedeutung erlangte die Gemeinde durch den Fund reich ausgestatteter neolithischer und hallstattzeitlicher Gräberfelder in den Jahren 1954/1955 sowie 1980.[2]
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 50° 18′ N, 10° 25′ O | |
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Unterfranken | |
Landkreis: | Rhön-Grabfeld | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Saal an der Saale | |
Höhe: | 286 m ü. NHN | |
Fläche: | 16,65 km2 | |
Einwohner: | 1058 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 64 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 97633 | |
Vorwahl: | 09761 | |
Kfz-Kennzeichen: | NES, KÖN, MET | |
Gemeindeschlüssel: | 09 6 73 127 | |
Gemeindegliederung: | 5 Gemeindeteile | |
Adresse der Verbandsverwaltung: | Wiesenflecklein 4 97633 Saal a.d.Saale | |
Website: | www.grosseibstadt.de | |
Erster Bürgermeister: | Gerhard Jäger (Wählervereinigung Kleineibstadt) | |
Lage der Gemeinde Großeibstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld | ||
Geografie
BearbeitenGeografische Lage
BearbeitenGroßeibstadt befindet sich in der Region Main-Rhön, inmitten des fränkischen Grabfeldgaus. Die Gemeinde mit den Gemeindeteilen Großeibstadt und Kleineibstadt liegt an der Fränkischen Saale zu Füßen der Haßberge zwischen Saal a.d. Saale und Bad Königshofen im Grabfeld an der B 279. Sie ist umgeben von den Naturparks Rhön und Thüringer Wald.
Gemeindegliederung
BearbeitenEs gibt fünf Gemeindeteile (in Klammern ist der Siedlungstyp angegeben):[3][4]
- Fürstenmühle (Einöde)
- Gabelsmühle (Einöde)
- Großeibstadt (Pfarrdorf)
- Kleineibstadt (Kirchdorf)
- Neumühle (Einöde)
Es gibt die Gemarkungen Großeibstadt und Kleineibstadt.
Geschichte
BearbeitenBis zur Gemeindegründung
BearbeitenIn Großeibstadt wurde ein frühkeltischer Großgrabhügel ergraben.[5] Das Dorf Ibinstadt wurde erstmals 786 urkundlich erwähnt. Während der Zeit der Stammesherzogtümer lag der Ort im Herzogtum Franken. Ab 1317 war Großeibstadt Bestandteil des hennebergischen Amts Kissingen. Weitere Lehensträger im Ort sind in der Folgezeit u. a. die Klöster St. Stefan in Würzburg, Fulda und Wechterswinkel, die Dompropstei Würzburg, die von Heßberg und die Truchseß von Wetzhausen.[6] Der Ort kam im Rahmen des Schleusinger Vertrags 1586 vollständig zum Hochstift Würzburg, dem es bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts angehörte. Als Teil des Hochstifts gehörte der Ort dem um 1500 geschaffenen Fränkischen Reichskreis an. 1803 wurde Großeibstadt zusammen mit dem Amt Sulzfeld zugunsten Bayerns säkularisiert und im Frieden von Preßburg (1805) Erzherzog Ferdinand von Toskana zur Bildung des Großherzogtums Würzburg überlassen. In Kleineibstadt hatten die Freiherren von Münster ein Rittergut, das 1806 ebenfalls an das Großherzogtum fiel. (s. Schloss Kleineibstadt).
Mit der endgültigen Auflösung des Rheinbundes im Jahr 1814 endete auch die Existenz des Großherzogtums Würzburg. Großeibstadt fiel damit an das Königreich Bayern. Im Zuge der Verwaltungsreformen in Bayern entstanden mit dem Gemeindeedikt von 1818 die politischen Gemeinden Kleineibstadt und Großeibstadt.
Nekropolen von Großeibstadt
BearbeitenDie Besiedlungsgeschichte reicht sehr viel weiter zurück als die erste urkundliche Erwähnung, wie der aus archäologischer Sicht sensationelle Fund reich ausgestatteter neolithischer und hallstattzeitlicher Gräber („Hallstattwagen von Großeibstadt“) einschließlich einiger Tontrommeln aus der Zeit um 3.000 v. Chr. beweist. Das 1954/55 entdeckte Gräberfeld bestand aus Kammer-Wagengräbern, die in der Zeit zwischen 675 und 600 v. Chr. angelegt worden waren. In dem 1980 entdeckten, weitaus größeren Gräberfeld, fand man weitere sechs Kammer-Wagengräber, zwei kleine Kammergräber mit Körperbestattungen und etwa 40 Grubengräber mit Brandbestattungen. Ebenfalls in den 1980er Jahren wurden drei Totenhäuser der spätjungsteinzeitlichen Walternienburg-Bernburger Kultur ausgegraben. 1993 schließlich wurden in nur 250 m Abstand noch weitere Gräber gefunden, darunter erneut ein Kammer-Wagengrab.[7]
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Modell eines Grabhügels der Hallstatt-Zeit wie er auch in Großeibstadt entdeckt wurde. Germanisches Nationalmuseum
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Modell eines vierrädrigen Wagens der Hallstatt-Zeit, ähnlich dem Fund in Großeibstadt. Germanisches Nationalmuseum
Die Nekropolen von Großeibstadt gelten bis heute als die Beispiele Ha C- bis Ha D1-zeitlicher Prunkgräber von Frauen und Männern einer Wagen fahrenden, international agierenden und in Form eines Kriegerbundes organisierten Elite, die unabhängig von ihren Familienverbänden extrem aufwendig bestattet wurden. Der in den Frauengräbern (Hügel 19/1981) gefundene, überaus reiche Schmuck zählt zu den reichsten der Zeit nördlich der Alpen.[8]
Eingemeindungen
BearbeitenKleineibstadt wurde im Zuge der Gebietsreform am 1. Mai 1978 nach Großeibstadt eingemeindet.[9]
Einwohnerentwicklung
Bearbeiten- 1961: 1259 Einwohner[9]
- 1970: 1303 Einwohner[9]
- 1987: 1172 Einwohner
- 1991: 1189 Einwohner
- 1995: 1252 Einwohner
- 2000: 1254 Einwohner
- 2005: 1190 Einwohner
- 2010: 1161 Einwohner
- 2015: 1114 Einwohner
- 2020: 1070 Einwohner
Im Zeitraum 1988 bis 2018 sank die Einwohnerzahl von 1149 auf 1075 um 74 Einwohner bzw. um 6,4 %. 1994 hatte die Gemeinde 1265 Einwohner. Quelle: BayLfStat
Politik
BearbeitenGemeinderat
BearbeitenDie Gemeinderatswahl 2020 ergab folgende Sitzverteilung und Stimmenanteile:[10]
- Wählervereinigung Großeibstadt: 7 Sitze (54,5 %)
- Wählervereinigung Kleineibstadt: 5 Sitze (45,5 %)
Bürgermeister
BearbeitenErster Bürgermeister ist Gerhard Jäger (Wählervereinigung Kleineibstadt).[11]
Wappen
BearbeitenBlasonierung: „Durch einen goldenen Kreuzstab gespalten von Rot und Blau; vorne über drei gesenkten silbernen Spitzen ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, hinten ein von Silber und Rot geteilter Flug.“[12] | |
Wappenbegründung: Die Gemeinde Großeibstadt besteht seit 1978 aus den ehemals selbstständigen Gemeinden Großeibstadt und Kleineibstadt. Der Kreuzstab ist das Attribut von Johannes dem Täufer. 1459 wurde Großeibstadt zu einer eigenen Pfarrei erhoben, als Pfarrkirche diente eine Kapelle, die Johannes dem Täufer geweiht ist und deren ältester Baukern aus dem 14. Jahrhundert stammt. In der vorderen Wappenhälfte erinnert der fränkische Rechen, das Symbol des Hochstifts Würzburg, an die territoriale Zugehörigkeit des Gemeindegebiets zum Hochstift Würzburg. Der silberne Schrägbalken mit den drei blauen Ringen ist das Wappen der Echter von Mespelbrunn. Unter der Herrschaft von Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573 bis 1617) wurde die Pfarrkirche 1611 bis 1612 erbaut. Der Flügel ist dem Wappen der Freiherren von Münster entnommen, die von 1554 bis ins 19. Jahrhundert in Kleineibstadt belegt sind.
Dieses Wappen wird seit 1990 geführt. |
Kommunale Allianz
BearbeitenDie Gemeinde ist Mitglied in der Kommunalen Allianz Fränkischer Grabfeldgau.
Wirtschaft und Infrastruktur
BearbeitenWirtschaft einschließlich Land- und Forstwirtschaft
BearbeitenEs gab im Jahr 2020 nach der amtlichen Statistik 106 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort gab es insgesamt 486. Im verarbeitenden Gewerbe gab es keine, im Bauhauptgewerbe einen Betrieb. Zudem bestanden im Jahr 2016 27 landwirtschaftliche Betriebe mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 1252 ha, davon waren 1114 ha Ackerfläche und 138 ha Dauergrünfläche.
Einrichtungen
BearbeitenEs gibt unter anderem folgende religiöse und kulturelle Einrichtungen:
- die Pfarrei St. Johannes der Täufer sowie die Kuratie St. Bartholomäus – beide in der Pfarreiengemeinschaft Westliches Grabfeld, Sulzfeld (seit Sept. 2013 geleitet vom Großeibstädter Pfarrer Piotr Bruski, Pfarradministrator von Großeibstadt und Großbardorf, Sulzfeld und Kleinbardorf sowie Kuratus von Kleineibstadt).
- den katholischen Kindergarten St. Bartholomäus, mit Platz für 76 bis 56 Kinder im Alter bis zu zwölf Jahren (Stand: 2021)
- die Bücherei der Pfarrgemeinde (Stand: 2013)
Sehenswürdigkeiten und Tourismus
Bearbeiten- Schmiedstor in Großeibstadt, gebaut 1600 unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn
- Schloss Kleineibstadt
- Durch Großeibstadt verläuft der Fränkische-Saale-Radweg, entlang der ehemaligen Bahnstrecke Bad Neustadt–Bad Königshofen, an der Großeibstadt einen Haltepunkt hatte.
- Durch die Gemeinde verlaufen die Fernwanderwege Keltenerlebnisweg und der Fränkische Marienweg.
Baudenkmäler
BearbeitenSport
BearbeitenEs gibt zwei Sportstätten, eine des DJK Kleineibstadt und eine des TSV Großeibstadt.[13]
Bekannte Söhne und Töchter der Gemeinde
Bearbeiten- Fredi Breunig (* 1959), Kabarettist, Glossist und Mundart-Autor, Preisträger des Frankenwürfels 2013
- Hugo Neugebauer (* 1949), Metzgermeister, seit 2006 Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken, Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
Literatur und Quellen
Bearbeiten- Josef Braun: Landkreis Königshofen im Grabfeld. Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Unterfranken I, München 1963, S. 8–9.
- Rudi Breunig, Ludmilla Ganß: Heimat Großeibstadt in Vergangenheit und Gegenwart. Verlag Schunk, Großeibstadt 1981.
- Petra Haller: Das Vorgeschichtsmuseum im Grabfeldgau. Ein neues Zweigmuseum der Prähistorischen Staatssammlung München, München 1991.
- Julia Katharina Koch: Die drei neolithischen Kollektivgräber von Großeibstadt, Lkr. Rhön-Grabfeld. In: Archäologische Informationen Nr. 18,1/1995, S. 113–117, doi:10.11588/ai.1995.1.17498.
- Georg Kossack: Gräberfelder der Hallstattzeit an Main und Fränkischer Saale, Kallmünz 1970 (= Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte Nr. 24).
- Birgit Schmalz: Vorzeit. Spuren in Rhön-Grabfeld. hrsg. vom Verein für Heimatgeschichte e. V. Königshofen, Bad Königshofen 1998.
- Hans Peter Uenze: Der Hallstattwagen von Großeibstadt. In: Vierrädrige Wagen der Hallstattzeit. Untersuchungen zu Geschichte und Technik, Mainz 1987, S. 69–75.
- Johann W. Rost: Versuch einer historisch-statistischen Beschreibung der Stadt und ehemaligen Festung Königshofen und des königlichen Landgerichts-Bezirks Königshofen. Würzburg 1832, S. 108–112, 171–175.
- Reinhold Albert, Chronik von Groß- und Kleineibstadt, die Geschichte der Dörfer, Großeibstadt 2018.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Genesis-Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- ↑ Vgl. u. a. Martin Trachsel: Kriegergräber? Schwertbeigabe und Praktiken ritueller Bannung in Gräbern der frühen Eisenzeit. In: Raimund Karl, Jutta Leskovar (Hrsg.): Interpretierte Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie, Linz 2005, S. 53–82; Anton Kern: Ein neues Schlachtmesser aus dem Hallstätter Gräberfeld. In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien. Serie A für Mineralogie und Petrographie, Geologie und Paläontologie, Anthropologie und Prähistorie Nr. 101/1999, S. 57–67 (zobodat.at [PDF]); Petra Haller: Das Vorgeschichtsmuseum im Grabfeldgau. Ein neues Zweigmuseum der Prähistorischen Staatssammlung München, München 1991.
- ↑ Großeibstadt in der Ortsdatenbank von bavarikon, abgerufen am 18. April 2023.
- ↑ Gemeinde Großeibstadt, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 7. Dezember 2021.
- ↑ Christine Demel u. a.: Leinach. Geschichte – Sagen – Gegenwart. Gemeinde Leinach, Leinach 1999, S. 40.
- ↑ Großeibstadt im Rhönlexikon ( vom 24. März 2014 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Die gesamte 1. Etage des Archäologischen Museums Bad Königshofen (einem Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung München) gilt der Darstellung der Hallstattzeit. Dabei nehmen die 1954/55 und 1980–1982 entdeckten Gräberfelder von Großeibstadt, mit ihren reich ausgestatteten Gräbern von Männern und Frauen, die z. T. mit hölzernen Grabkammern versehen worden waren, einen zentralen Platz ein. Als Statuszeichen eines Adeligen jener Zeit war dem Toten ein vierrädriger Wagen mit in das Grab gegeben worden. Dieser Wagen konnte 1986 rekonstruiert werden. Vgl. zur Erforschung und Bedeutung der Gräberfelder von Großeibstadt: Petra Haller: Das Vorgeschichtsmuseum im Grabfeldgau. Ein neues Zweigmuseum der Prähistorischen Staatssammlung München. In: Mitteilungen der Freunde der bayerischen Vor- und Frühgeschichte Nr. 50/1989; Hans Peter Uenze: Der Hallstattwagen von Großeibstadt. In: Vierrädrige Wagen der Hallstattzeit. Untersuchungen zu Geschichte und Technik, Mainz 1987, S. 69–75; Ludwig Wamser: Eine steinzeitliche Tontrommel aus Unterfranken, in: Mitteilungen der Freunde der bayerischen Vor- und Frühgeschichte Nr. 29/1983.
- ↑ Aus: Ludwig Wamser: Die Ausgrabungen 1981 in hallstattzeitlichen Nekropolen bei Großeibstadt, Landkreis Rhön-Grabfeld, Unterfranken. in: Arch. Jahr Bayern 1981, S. 40–41 sowie 104–105.
- ↑ a b c Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 741 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
- ↑ Wahl des Gemeinderats - Kommunalwahlen 2020 in der Gemeinde Großeibstadt - Gesamtergebnis. Archiviert vom am 28. November 2020; abgerufen am 18. April 2023.
- ↑ Ansprechpartner. Gemeinde Großeibstadt, abgerufen am 18. April 2023.
- ↑ Eintrag zum Wappen von Großeibstadt in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
- ↑ Sportstätten ( vom 4. März 2016 im Internet Archive)