Verallgemeinerte Binomialverteilung

Die Verallgemeinerte Binomialverteilung (gelegentlich auch Poissonsche Verallgemeinerung der Binomialverteilung, oder Poisson-Binomialverteilung genannt) ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung und somit dem mathematischen Teilgebiet der Stochastik zuzuordnen. Bei ihr handelt es sich um eine univariate diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung. Sie ist definiert als die Summe von unabhängigen, nicht notwendigerweise identisch verteilten Zufallsvariablen, welche einer Bernoulli-Verteilung unterliegen.

Verallgemeinerte Binomialverteilung
Wahrscheinlichkeitsfunktion
Verteilungsfunktion
Parameter – Erfolgswahrscheinlichkeiten für jeden der n Versuche
Träger
Dichtefunktion
Verteilungsfunktion
Erwartungswert
Varianz
Schiefe
Wölbung
Momenterzeugende Funktion
Charakteristische Funktion

Die Verallgemeinerte Binomialverteilung beschreibt also die Erfolge einer Serie von unabhängigen Versuchen, welche jeweils genau zwei Ergebnisse annehmen kann. Der Unterschied zur Binomialverteilung besteht darin, dass jedem Versuch eine andere Erfolgswahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann.

Es ist auch möglich die Verallgemeinerte Binomialverteilung als Summe von unabhängigen, nicht identischen, binomialverteilten Zufallsvariablen festzulegen, wobei die Bernoulli Zufallsgrößen mit identischen Erfolgswahrscheinlichkeiten zu binomialverteilten Zufallsvariablen zusammengefasst werden.

Definition der Verallgemeinerten Binomialverteilung

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Eine diskrete Zufallsvariable   folgt einer Verallgemeinerten Binomialverteilung mit Parametervektor  , wenn sie die folgende Wahrscheinlichkeitsfunktion besitzt[1]

 ,

wobei   den Vektor der Erfolgswahrscheinlichkeiten pro Versuch und   die Gesamtanzahl der Erfolge bei   Versuchen bezeichnet.

Schreibweise:  

  ist die Menge aller  -elementigen Teilmengen, die aus dem Träger   gebildet werden können.   ist das Komplement von  , das heißt  .

Die zugehörige Verteilungsfunktion lautet[2]

 

Alternative Parametrisierung

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Die Verallgemeinerte Binomialverteilung kann ebenso als Summe von binomialverteilten Zufallsgrößen definiert werden, indem die Bernoulli Zufallsvariablen mit gleichen Erfolgswahrscheinlichkeiten zu binomialverteilten Zufallsgrößen zusammengefasst werden.

 ,

wobei der Parametervektor   die Erfolgswahrscheinlichkeiten von   binomialverteilten Zufallsvariablen enthält und der Parametervektor   die jeweils zugehörige Anzahl an Versuchen.

Es gilt somit  . Hierbei ist   der Einsvektor der Länge  , bestehend aus lauter Einsen.

Eigenschaften der Verallgemeinerten Binomialverteilung

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  sei im Folgenden eine Zufallsvariable, die einer Verallgemeinerten Binomialverteilung folgt  .

Erwartungswert

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Die Verallgemeinerte Binomialverteilung besitzt den Erwartungswert

 

Die Verallgemeinerte Binomialverteilung besitzt die Varianz

 

Die Verallgemeinerte Binomialverteilung besitzt die Schiefe

 

Wölbung und Exzess

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Die Verallgemeinerte Binomialverteilung besitzt die Wölbung

 

und damit den Exzess

 

Kumulanten

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Die kumulantenerzeugende Funktion ist

 .

Daher ist die k-te Kumulante genau die Summe der k-ten Kumulanten der n Bernoulli-verteilten Zufallsvariablen, aus denen die Verallgemeinerte Binomialverteilung zusammengesetzt ist:

 

Für diese Kumulanten gilt dann auch die Rekursionsgleichung der Kumulanten der Bernoulli-Verteilung.

Wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion

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Die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion der verallgemeinerten Binomialverteilung lautet

 

Charakteristische Funktion

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Die charakteristische Funktion der Verallgemeinerten Binomialverteilung lautet:

 

Momenterzeugende Funktion

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Die momenterzeugende Funktion der Verallgemeinerten Binomialverteilung lautet:

 

Summe von verallgemeinert binomialverteilten Zufallsvariablen

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Ist   und   zwei unabhängige verallgemeinert binomialverteilte Zufallsvariablen, dann ist auch   verallgemeinert binomialverteilt:  . Demnach ist die verallgemeinerte Binomialverteilung reproduktiv.

Beziehung zu anderen Verteilungen

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Beziehung zur Binomialverteilung

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Die Summe von voneinander unabhängigen binomialverteilten Zufallsvariablen   ist verallgemeinert binomialverteilt. Wenn alle Erfolgswahrscheinlichkeiten gleich sind, das heißt  , dann ergibt sich aus der Verallgemeinerten Binomialverteilung die Binomialverteilung. Tatsächlich ist die Binomialverteilung für festen Erwartungswert und feste Ordnung diejenige verallgemeinerte Binomialverteilung mit maximaler Entropie.[3] Das bedeutet, unter der Bedingung, dass der Parametervektor   von   die Länge   hat, maximiert   die Entropie  .

Beziehung zur Bernoulli-Verteilung

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Die Summe von   voneinander unabhängigen Bernoulli-verteilten Zufallsvariablen  , die alle einen unterschiedlichen Parameter   besitzen, ist verallgemeinert binomialverteilt.

Approximation durch die Poisson-Verteilung

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Für eine sehr große Anzahl an Versuchen   und sehr kleine, aber unterschiedliche Erfolgswahrscheinlichkeiten   kann die Wahrscheinlichkeitsfunktion der Verallgemeinerten Binomialverteilung durch die Poisson-Verteilung approximiert werden.[2]

 

Der Parameter   ist gleich dem Erwartungswert der Verallgemeinerten Binomialverteilung.

Approximation durch die Normalverteilung

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Die Verteilungsfunktion der Verallgemeinerten Binomialverteilung kann für eine sehr große Anzahl an Versuchen   durch die Normalverteilung approximiert werden.[2]

 

Der Parameter   entspricht dem Erwartungswert und   der Standardabweichung der Verallgemeinerten Binomialverteilung.   ist die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung.

Beispiele

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Radarkontrolle

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Ein Arbeitnehmer muss an jedem Arbeitstag über die Autobahn und durch das Ortsgebiet zur Arbeit fahren. Die Wahrscheinlichkeiten in eine Radarkontrolle zu geraten sind   auf der Autobahn und   im Ortsgebiet.

Wie hoch sind die Wahrscheinlichkeiten an einem Arbeitstag in   Kontrollen zu geraten?

Die zufällige Anzahl von Radarkontrollen   kann als Summe von zwei Bernoulli-verteilten Zufallsvariablen   für die Autobahn und   für das Ortsgebiet modelliert werden:  , mit

 
 

Da   und   unterschiedliche Erfolgswahrscheinlichkeiten besitzen, kann man dieses Beispiel nicht mit Hilfe der Binomialverteilung lösen.

  folgt einer Verallgemeinerten Binomialverteilung mit Parametervektor  .

Die gesuchten Wahrscheinlichkeiten können folgendermaßen berechnet werden:

  •   Kontrollen:  
 
  •   Kontrolle:  
 
  •   Kontrollen:  
 

Herstellungsprozess

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In einer Fabrik werden Geräte produziert und anschließend einer Qualitätskontrolle unterzogen. Es können   verschiedene Fehlertypen auftreten. Die Wahrscheinlichkeiten, dass ein spezieller Fehlertyp auftritt sind   für den Fehler vom Typ   und jeweils   für die Fehlertypen   und  .

Wie hoch sind die Wahrscheinlichkeiten dafür, dass ein Gerät mit   Fehlern produziert wird?

Die zufällige Anzahl von Fehlern   kann als Summe von drei Bernoulli-verteilten Zufallsvariablen  ,   und   geschrieben werden:  , mit

 
 

  besitzt eine Verallgemeinerten Binomialverteilung mit Parametervektor  .

Alternativ kann die Parametrisierung   gewählt werden, indem die identischen Bernoulli Zufallsvariablen zu einer binomialverteilten Zufallsvariable zusammengefasst werden.

Die gesuchten Wahrscheinlichkeiten können folgendermaßen berechnet werden:

  •   Fehler:  
 
  •   Fehler:  
 
  •   Fehler:  
 
  •   Fehler:  
 

Anwendung & Berechnung

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Die Verallgemeinerte Binomialverteilung kommt in vielen Bereichen zum Einsatz; z. B. Umfragen, Herstellungsprozesse, Qualitätssicherung. Oft wird allerdings eine Approximation benutzt, da die exakte Berechnung sehr aufwändig ist. Ohne entsprechende Software sind selbst einfache Modelle mit wenigen Bernoulli Zufallsvariablen kaum zu berechnen.

Zufallszahlen

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Zur Erzeugung von Zufallszahlen kann die Inversionsmethode verwendet werden. Alternativ kann man auch   Bernoulli-verteilte Zufallszahlen zu den Parametern   erzeugen und diese Aufsummieren. Das Ergebnis ist dann verallgemeinert binomialverteilt.

Literatur

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  • M.Fisz, Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1973, p. 164 ff.
  • K.J. Klauer, Kriteriumsorientierte Tests, Verlag für Psychologie, Hogrefe, 1987, Göttingen, p. 208 ff.
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  • GenBinomApps – R Package. R Package zur Berechnung von Clopper Pearson Konfidenzintervallen und der verallgemeinerten Binomialverteilung. Abgerufen am 30. Juli 2015.

Einzelnachweise

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  1. On the Number of Successes in Independent Trials. (PDF; 1,6 MB) Y.H.Wang, Statistica Sinica, Vol. 3, 1993, p. 295–312. Abgerufen am 23. September 2013.
  2. a b c On Computing the Distribution Function for the Sum of Independent and Non-identical Random Indicators. (Memento vom 23. Oktober 2015 im Internet Archive) (PDF; 110 kB) Y.Hong, Blacksburg, USA, 5. April 2011. Abgerufen am 23. September 2013.
  3. Peter Harremoës: Binomial and Poisson Distributions as Maximum Entropy Distributions. In: IEEE Transactions on Information Theory. 47. Jahrgang. IEEE Information Theory Society, 2001, S. 2039–2041, doi:10.1109/18.930936.